Vorbeugung von Infektionen
Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, erstellt am: 17.04.2013, Redaktion: Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 14.05.2020
Allgemeine Maßnahmen
Besteht eine erhöhte Infektionsgefahr oder gar eine Neutropenie, wird das Behandlungsteam den Patienten beziehungsweise seine Angehörigen auf diese Gefahr hinweisen, die möglichen Gefahrenquellen nennen und zur Einhaltung beziehungsweise Ergreifung bestimmter infektionsvorbeugender Maßnahmen raten. Eine Gewähr, dass dadurch Infektionen sicher vermieden werden können, gibt es allerdings nicht.
Infektionsrisiken bestehen beispielsweise bei engen körperlichen Kontakten, durch Haustiere, Spielen in der Erde, bei Verletzungen durch Pflanzen oder auch bei Genuss von Obst oder rohem Gemüse. Wichtig ist daher, dass ein immungeschwächtes Kind nicht mit Menschen in Berührung kommt, die eine ansteckende Krankheit haben oder kürzlich mit einem (Lebendimpfstoff) geimpft worden sind .
Gut zu wissen: Die Einhaltung hygienischer Maßnahmen (wie Händewaschen), regelmäßige Mundspülungen mit desinfizierenden Lösungen, das Vermeiden von Zähneputzen mit harten Bürsten und das Vermeiden von Nägelschneiden sind allgemeine Regeln. Die Haut sollte geschmeidig gehalten werden. Topfpflanzen im Zimmer sind zu vermeiden. Auf den Verzehr von Nüssen sollte verzichtet werden, da diese mit Pilzen und Pilzsporen belastet sein können.
Hat der Patient einen zentralen Venenkatheter [zentraler Venenkatheter], muss auf eine sorgfältige, antiseptische Handhabung geachtet werden. Alle diese Einzelrisiken wird das Behandlungsteam individuell mit dem Patienten und/oder seinen Angehörigen besprechen, denn das Ausmaß dieser Risiken hängt größtenteils von der Krankheitssituation und der Intensität der Behandlung ab. Meist sind extreme Vorsichtsmaßnahmen nur in bestimmten kritischen Behandlungsphasen tatsächlich erforderlich [SIM2001b].
Medikamentöse Prophylaxe gegen Bakterien-, Viren- und Pilzinfektionen
Bestimmte Krankheitserreger sind (neben den bereits genannten) für den abwehrgeschwächten Patienten besonders gefährlich. Dazu gehören zum Beispiel der Mikroorganismus Pneumocystis jiroveci (früher unter dem Namen „Pneumocystis carinii“ bekannt), der eine sehr hartnäckige und schwer zu behandelnde Lungenentzündung verursacht, ferner Masern-, Windpocken- und Herpesviren sowie Schimmelpilze. Um einer Infektion mit solchen weit verbreiteten, für gesunde Menschen in der Regel harmlosen Krankheitserregern vorzubeugen, werden zum Teil Medikamente gegeben.
Zur Vorbeugung einer Pneumocystis jiroveci-Infektion werden die Patienten in der Regel während der gesamten Behandlungsdauer circa dreimal wöchentlich (an drei aufeinander folgenden Tagen, zum Beispiel am Wochenende) mit dem Antibiotikum Cotrimoxazol (Trimethoprim-Sulfamethoxazol, TMP-SMZ) behandelt. Dieses Medikament wird in Form einer Flüssigkeit verabreicht, mit der die Mundschleimhaut bepinselt wird. Verträgt der Patient das Medikament nicht, stehen andere Möglichkeiten (zum Beispiel Pentamidin-Inhalationen) zur Verfügung. (Die Unverträglichkeit von Cotrimoxazol bezieht sich oft nur auf die Trägersubstanzen, so dass der Wirkstoff nach Wechsel des Präparats oft weiterhin gegeben werden kann.)
Gegen Schimmel - und Hefepilze (Aspergillus bzw. Candida spezies) kann bei Vorliegen einer Neutropenie und während bestimmter intensiver Behandlungsphasen (Induktions- und Reinduktionstherapie) eine vorbeugende Behandlung zum Beispiel mit Amphotericin B-Suspension erfolgen. Um sich vor einer Infektion zu schützen, sollte das erkrankte Kind außerdem das Spielen in der Erde vermeiden. Unbedingt zu vermeiden sich häusliche Umbau- oder Renovierungsmaßnahmen, die regelmäßig mit einem sehr hohen Risiko von Pilzinfektionen für immungeschwächte Patienten einhergehen.
Auch gegen bestimmte Virusinfektionen müssen Vorkehrungen getroffen werden. Besonders wichtig ist, dass abwehrgeschwächte Patienten nicht mit Menschen in Kontakt kommen, die an Windpocken (Varizella) oder Gürtelrose (Varizella Zoster) erkrankt sind, denn eine Infektion mit diesen Viren kann lebensgefährlich sein. Kommt es zu trotz allem zu einem Kontakt mit einer erkrankten Person, muss der Patient gegebenenfalls vorbeugend mit virenhemmenden Medikamenten (zum Beispiel Aciclovir) behandelt werden. Bei Patienten, bei denen eine Infektion mit Herpes-simplex-Viren (Erreger der Herpes-Lippenbläschen) besteht, wird ebenfalls eine vorbeugende Behandlung mit Aciclovir empfohlen [GRA2001] [GRA2001a] [GRO2001] [GRO2001a] [SIM2001].
Ist eine Bestrahlung der Milz erforderlich, muss nach der Therapie eine Impfung gegen bestimmte Bakterien (Pneumokokken, Meningokokken) erfolgen. Unter Umständen wird der Patient während und nach der Therapie auch vorbeugend mit Antibiotika (Penicillin) behandelt.