Aplasie-Phase (Tag 0 bis ca. Tag+21)
Autor: Maria Yiallouros, erstellt am: 21.01.2010, Redaktion: Maria Yiallouros, Freigabe: PD Dr. med. S. Voigt, Zuletzt geändert: 05.06.2020
Die in die Blutbahn infundierten Blutstammzellen suchen sich ihren Weg in das Knochenmark des Patienten, siedeln sich dort an und beginnen, neue funktionstüchtige Blutzellen zu bilden. Dieser Vorgang dauert zwei bis drei Wochen. Manchmal wird das Anwachsen der Stammzellen durch die Gabe von Wachstumsfaktoren (wie G-CFS), die die Blutbildung fördern, unterstützt.
Der gesamte Zeitraum bis zum Anwachsen der neuen Stammzellen ist durch einen ausgeprägten Mangel an roten und weißen Blutzellen sowie Blutplättchen gekennzeichnet. Denn in dieser Zeit funktioniert das alte Knochenmark (infolge der Konditionierungsbehandlung) nicht mehr und das neue Knochenmark hat seine Arbeit – die Blutbildung – noch nicht aufgenommen. Diese Phase der herabgesetzten Knochenmarkfunktion wird Aplasie-Phase (Knochenmarkaplasie) genannt.
Der Mangel an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) kann durch geeignete Transfusionen leicht ausgeglichen werden. Dagegen lassen sich die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), also die Zellen des Immunsystems, durch eine Transfusion nicht in ausreichendem Maße ersetzen.
Dieser Mangel an Abwehrzellen (insbesondere an Granulozyten) führt dazu, dass die Immunabwehr des Patienten fast gänzlich zum Erliegen kommt. Die Anfälligkeit gegenüber Infektionen nimmt infolgedessen stark zu. Bakterien- und Pilzinfektionen spielen in dieser Phase eine besonders bedeutende Rolle.
Obwohl es leistungsfähige Antibiotika und auch Medikamente gegen Pilzinfektionen (Antimykotika) gibt, stellt diese Periode eine Gefährdung für die Patienten dar, die nicht unterschätzt werden darf. Aus diesem Grund wurden wichtige Schutzmaßnahmen entwickelt. Die wirksamste Maßnahme ist die Unterbringung des Patienten in einem so genannten "Sterilzimmer" sowie die Sterilisation oder Desinfektion aller Dinge, die in diesen Raum gebracht werden. Auch der keimarmen Ernährung kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedeutung zu.
Gut zu wissen: Die Angehörigen können auch während der Aplasie-Phase beim Patienten sein. Sie müssen allerdings eine spezielle Kleidung und einen Mundschutz anlegen und regelmäßig eine gründliche Desinfektion der Hände vornehmen, bevor sie das Patientenzimmer betreten. Schlafen sollten die Angehörigen nur in Ausnahmefällen im Zimmer des Patienten. Zur Unterbringung stehen in der Regel Elternwohnungen in unmittelbarer Nähe der Klinik zur Verfügung. Einzelheiten zu diesen und weiteren Schutzmaßnahmen erhalten Sie von Ihrem Transplantatationsteam.
Trotz aller dieser Maßnahmen treten bei den meisten Patienten in der Zeit der Knochenmarkaplasie Fieberphasen als Zeichen einer Infektion auf. Bei Fieber werden unverzüglich Antibiotika über den Venenverweilkatheter [zentraler Venenkatheter] verabreicht. Lebensbedrohliche Infektionen zur Zeit der Aplasiephase sind insgesamt selten. Weitere Informationen zu Infektionen und deren Behandlung während der Aplasie-Phase finden Sie hier.
Weitere Beeinträchtigungen in der Aplasie-Phase
Während der Zeit der Knochenmarkaplasie ist der Patient noch durch weitere Auswirkungen der Konditionierungsbehandlung beeinträchtigt. So verursachen Chemotherapie und Strahlentherapie unter anderem auch Übelkeit und Schäden an der Mund- und Darmschleimhaut (Mukositis), die sehr schmerzhaft sein können und dazu führen, dass das Kind nicht essen kann oder mag. Fast alle Patienten müssen daher in dieser Phase über eine Magensonde oder über den zentralen Venenzugang ernährt und mit Schmerzmitteln versorgt werden. Weitere Informationen zur Konditionierungsbehandlung und ihre möglichen Nebenwirkungen finden Sie hier.
Anmerkung: Trotz der Schleimhautentzündung ist es wichtig, dass die Patienten die notwendigen Medikamenten weiterhin regelmäßig einnehmen und auf regelmäßige und sorgfältige Mundspülungen nach Anleitung durch das Transplantationsteam achten. Die Mundschleimhautschäden dauern in der Regel acht bis zehn Tage an und heilen ab, sobald die transplantierten Stammzellen begonnen haben, wieder Blutzellen zu produzieren.