Patienten mit soliden Tumoren

Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Zuletzt geändert: 23.10.2019

Die meisten Kinder und Jugendlichen mit bösartigen Erkrankungen, die eine Strahlentherapie erhalten, sind Patienten mit soliden Tumoren (solider Tumor). Darunter bilden die Patienten mit ZNS-Tumoren die größte Gruppe, danach folgen die Weichteil- und Knochentumoren [TIM2018a].Bei den seltenen Tumoren wird die Strahlentherapie unterschiedlich häufig eingesetzt.

Strahlentherapie bei Tumoren des Zentralnervensystems

Die Strahlentherapie ist neben der Operation die wichtigste Behandlungsmethode bei Kindern und Jugendlichen mit ZNS-Tumoren. In dieser Altersgruppe ist das gesunde Gehirngewebe aber aufgrund der noch nicht vollständig abgeschlossenen Gewebeentwicklung sehr empfindlich gegenüber einer Bestrahlung: Neben Funktionsausfällen des Gehirns, Entwicklungsstörungen und einer Intelligenzminderung besteht auch das Risiko, einen Zweittumor zu entwickeln [TIM2018a]. Daher ist das Hauptziel der Bestrahlung bei diesen Patienten, den Tumor vollständig zu vernichten und dabei eine Schädigung des sich noch entwickelnden Hirngewebes möglichst zu vermeiden.

Gut zu wissen: Im Verlauf des letzten Jahrzehnts wurde es durch medizinische und technische Fortschritte möglich, die Intensität der Bestrahlung und damit strahlenbedingte Spätfolgen zu verringern ohne dadurch das Rückfallrisiko zu erhöhen.

Anhand folgender Faktoren entscheiden die behandelnden Ärzte, ob bei einem Patienten mit ZNS-Tumor eine Strahlentherapie angezeigt ist, oder nicht :

  • Art des ZNS-Tumors (zum Beispiel niedrig- oder hochgradig malignes Gliom oder Medulloblastom [GNE2013‎] [GNE2003] [KOR2003]
  • Alter des Patienten (Kinder kleiner 18 Monate sollten keine hochdosierte ZNS-Bestrahlung erhalten)
  • Ausmaß der operativen Tumorentfernung
  • Vorliegen einer Begleiterkrankung (zum Beispiel Neurofibromatose [KOR2003] [KOR2003a] [NEE1997] [TIM2002]

Ausführliche Informationen zum Einsatz und zu den Methoden der Strahlentherapie bei ZNS-Tumoren finden sich in den ausführlichen Patienteninformationen im jeweiligen Kapitel unter „Therapie“ > „Behandlungsmethoden“ sowie zu möglichen Spätfogen undter „Nachsorge“ > „Spätfolgen“.

Strahlentherapie bei weiteren soliden Tumoren

Eine weitere wichtige Gruppe von Patienten, bei denen die Strahlentherapie entscheidend zu den Behandlungserfolgen beiträgt, sind Kinder und Jugendliche mit Keimzelltumoren, verschiedenen Weichteiltumoren (zum Beispiel Rhabdoidtumoren, Rhabdomyosarkome), Knochentumoren (Ewing-Sarkom, Osteosarkom) und Nierentumoren (Nephroblastom /Wilms-Tumor), sowie mit Tumoren des sympathischen Nervensystems (Neuroblastom) und Netzhauttumoren der Augenhöhle (Retinoblastom). Denn wie bei den Patienten mit ZNS-Tumoren können auch hier die Tumoren nicht immer komplett entfernt werden, weil man ansonsten Schädigungen gesunder Gewebestrukturen riskiert. Besonders bei soliden Tumoren im Rumpfbereich (Brustkorb, Bauch, Rücken, Becken) kommen auch moderne Bestrahlungstechniken wie die stereotaktische Strahlentherapie oder die Partikeltherapie (siehe Kapitel „Bestrahlungsmethoden“) zunehmend zum Einsatz.

Ausführliche Informationen zum Einsatz und zu den Methoden der Strahlentherapie bei den genannten weiteren soliden Tumoren finden sich in den speziellen Erkrankungstexten im jeweiligen Kapitel unter „Therapie“ > „Behandlungsmethoden“.

Strahlentherapie bei seltenen soliden Tumoren

Zu den seltenen soliden Tumoren bei Kindern und Jugendlichen zählen in Deutschland diejenigen Erkrankungen, die höchstens zehnmal pro Jahr diagnostiziert werden (etwa 5 % aller an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen). Zu diesen Erkrankungen gehören Tumoren der Bauchspeicheldrüse (Pankreastumoren), der Speicheldrüsen sowie des Rachens und Kehlkopfs.

Patienten mit Pankreastumoren erhalten nur selten eine Strahlentherapie. Kinder und Jugendliche mit Kehlkopf- oder Rachentumoren hingegen profitieren von einer Bestrahlung, wenn ihr Tumor zu groß für eine Operation, beziehungsweise wenn er ungünstig, also in der Nähe lebenswichtiger Nachbarorgane gelegen ist. Hier kann die Bestrahlung vor einer Operation (neoadjuvante Strahlentherapie), meist in Kombination mit einer Chemotherapie dabei helfen, den Tumor zu schrumpfen, so dass er später für den Chirurgen einfacher zu operieren ist.

Ausführliche Informationen zum Einsatz und zu den Methoden der Strahlentherapie bei den genannten seltenen Tumoren im Kindes- und Jugendalter finden sich im jeweiligen Kapitel unter „Behandlung“ (Therapie).