Wirkung: Was sind CAR-T–Zellen und wie wirken sie?
Autor: Julia Dobke, Redaktion: Ingrid Grüneberg, Zuletzt geändert: 07.07.2021
Chimäre Antigen-Rezeptor-T-Zellen (CAR-T-Zellen) sind im Labor gentechnisch veränderte Zellen eines Patienten [siehe Gentechnik]. Sie werden aus dessen T-Lymphozyten hergestellt, stammen also von körpereigenen (autologen) Zellen. CAR-T-Zellen dienen der Erkennung bösartiger Krebszellen, die normalerweise von den ursprünglichen T-Lymphozyten nicht angegriffen würden.
T-Lymphozyten: Aufgabe in der Immunabwehr
Das Immunsystem besteht aus verschiedenen Komponenten, die gemeinsam für eine funktionierende Krankheitsabwehr sorgen. Ein wichtiger Bestandteil sind die T-Lymphozyten. T-Lymphozyten werden im Knochenmark gebildet und durchlaufen eine Reifungsphase in einem bestimmten, relativ kleinen Organ im Brustbereich, der Thymusdrüse. In dieser Phase lernen die T-Lymphozyten, körperfremde oder veränderte Substanzen zu erkennen, zum Beispiel Krankheitserreger oder veränderte (mutierte) körpereigene Zellen. Diese Eigenschaft wird für die Herstellung der CAR-T-Zellen genutzt.
Auf der Oberfläche von T-Lymphozyten befinden sich viele identische Strukturen, sogenannte Rezeptoren (Empfänger). Diese Rezeptoren dienen dem Erkennen eines speziellen fremden Eiweißes, dem sogenannten Antigen, das sich zum Beispiel auf der Zelloberfläche eines Krankheitserregers oder einer mit einem Virus infizierten Körperzelle präsentiert. Hat der T-Lymphozyt eine Zelle entdeckt, die das passende Antigen zu seinem Rezeptor auf der Zelloberfläche besitzt, wird diese Zelle vernichtet.
Wirkung und Herstellung der CAR-T-Zellen
Dieses Wirkprinzip der T-Lymphozyten macht sich die neuartige Zelltherapie mit CAR-T Zellen zunutze: Normalerweise werden Leukämiezellen von der eigenen Immunabwehr nicht als schädlich erkannt. Die T-Lymphozyten müssen erst künstlich dazu in die Lage versetzt werden, Leukämiezellen als fremd zu erkennen und zu vernichten. Die T-Lymphozyten werden in einem Speziallabor gentechnisch so verändert, dass die Rezeptoren auf ihrer Zelloberfläche nun die Eiweiße (Antigene) auf der Zelloberfläche von Leukämiezellen als schädlich erkennen und vernichten können.
Um die T-Zellen genetisch verändern zu können, werden sie mit Hilfe einer Leukapherese – der Entnahme von weißen Blutzellen aus dem Blut – aus dem Blut herausgefiltert. Die gewonnenen T-Zellen werden in ein Speziallabor verschickt, das die Erlaubnis hat, CAR-T-Zellen zu produzieren. In die T-Lymphozyten des Erkrankten wird unter Mithilfe eines Virus als Transportmittel – dem viralen Vektor – ein neuer Antigen-Rezeptor mit speziellen Eigenschaften eingeschleust. Da dieser Antigen-Rezeptor aus verschiedenen Bausteinen besteht, die normalerweise nicht zusammen auftreten, wird er als chimär bezeichnet. Daher leitet sich die Abkürzung C=chimär, A=Antigen, R=Rezeptor ab.
Der künstliche Rezeptor kann beispielsweise das Antigen CD19 der B-Lymphozyten erkennen, das auf der Oberfläche von vielen Leukämiezellen einer akuten lymphoblastischen Leukämie vorkommt. In der Folge können die CAR-T Zellen diese B-(Leukämie-)Zellen vernichten.
Rückgabe der T-Lymphozyten als CAR-T-Zellen
Die CAR-T-Zellen werden mithilfe einer Transfusion über den Zentralen Venenkatheter an den Patienten zurückgegeben. Der künstliche Antigen-Rezeptor der T-Zellen erkennt nun die Leukämie- oder Lymphomzellen des Erkrankten, die das Antigen CD19 auf ihrer Oberfläche präsentieren, als krankhaft und zerstört sie.
Die CAR-T-Zellen sind in der Lage, sich auch im Körper des Patienten weiter zu teilen und können über längere Zeit dort aktiv bleiben.