Operation und Therapiemöglichkeiten im Anschluss
Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, erstellt am: 04.12.2007, Zuletzt geändert: 05.05.2020
Die Operation mit Entfernung des Tumors (Tumorresektion) ist bei Patienten mit einem Ependymom von entscheidender Bedeutung. Denn meist sind diese Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose durch den Tumor und eine tumorbedingte Abflussstörung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (die zu einem Wasserkopf führen kann) lebensgefährlich bedroht.
Außerdem bestimmt das Ergebnis der Operation den weiteren Krankheitsverlauf maßgebend: Eine vollständige Tumorentfernung in aller Regel mit einer günstigeren Prognose verbunden als eine Teilentfernung des Tumors [TIM2010] [TIM2005] [TIM2000]. Das Ziel ist daher, das Ependymom operationsmikroskopisch vollständig zu entfernen (komplette Resektion). Das bedeutet, dass am Ende der Operation mit dem Operationsmikroskop kein Resttumor mehr zu erkennen ist.
Der Neurochirurg arbeitet heutzutage mikrochirurgisch, das heißt mit einem Operationsmikroskop und entsprechend starker Vergrößerung sowie mit speziellen Instrumenten und besonderem Nahtmaterial, so dass feinste Gehirnstrukturen schonungsvoll bearbeitet werden können.
Allerdings verbietet die Lage des Tumors und seine Beziehung zu, beispielsweise, wichtigen Hirnnervengebieten oder Leitungsbahnen oftmals ein "aggressives" neurochirurgisches Vorgehen, das heißt ein Vorgehen, bei dem es in erster Linie darum geht, viel Gewebe zu entfernen. Denn schwere bleibende neurologische Schäden sollen vermieden werden. So können beispielsweise Ependymome, die vom Boden des 4. Hirnventrikels aus in den Hirnstamm und/oder in das Kleinhirn hineingewachsen sind, in vielen Fällen nicht komplett entfernt werden.
Da Ependymome in der Regel von den Liquorräumen (Hirnkammern und Rückenmarkskanal) ausgehen, können sie außerdem den Fluss des Nervenwassers blockieren und zu einem Hydrocephalus führen. In diesem Fall kann die Implantation eines ventrikulo-peritonealen Shuntsystems [ventrikulo-peritonealer Shunt] notwendig sein (siehe auch Kapitel "Supportivtherapie").
Nach einer neurochirurgischen Operation, bei der innerhalb von Gehirnstrukturen operiert wurde (intracerebraler Eingriff), oft aber auch nach Eingriff am Rückenmark, wird der Patient auf einer Intensivstation weiterbehandelt und überwacht, bis sich sein Zustand stabilisiert hat. In den großen Behandlungszentren sind das Intensivstationen, die unter anderem ganz speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach intracerebralen Eingriffen eingestellt sind.
Gut zu wissen: Im Rahmen eines ausführlichen Aufklärungsgespräches wird Ihnen der Neurochirurg die operativen Möglichkeiten erläutern, die für Ihr Kind in Frage kommen. Außerdem spricht er mögliche Komplikationen und/oder Nachwirkungen der neurochirurgischen Operation an und erklärt die Gründe, aus denen operiert werden muss sowie die geplante Vorgehensweise bei der Operation.
Möglichkeit / Notwendigkeit einer Zweitoperation
Wenn nach der Operation, nach Ende der Bestrahlung oder im Anschluss an die ersten Chemotherapiezyklen durch bildgebende Verfahren noch Tumorreste nachweisbar sind, bespricht das Behandlungsteam zusammen mit den Neurochirurgen die Möglichkeit einer Zweitoperation. Trotz der Dringlichkeit der weiteren Tumorentfernung darf die Zweitoperation das Kind jedoch nicht gefährden.
Behandlungsmöglichkeiten nach der Operation
Bei den meisten Patienten erfolgen im Anschluss an die Operation eine Strahlentherapie und bei einigen Patienten auch eine Chemotherapie. Die Entscheidung für eine solche Weiterbehandlung hängt vor allem vom Tumortyp und vom Ausmaß der Tumorentfernung ab:
Ependymom WHO-Grad I
Patienten mit einem myxopapillären Ependymom WHO-Grad I des Rückenmarkes erhalten in der Regel keine weitere Therapie, wenn der Tumor durch eine neurochirurgische Operation vollständig entfernt werden konnte. Sie werden aber über einen vom Behandlungsteam festgelegten Zeitraum nachbeobachtet, das heißt, es werden in regelmäßigen Abständen körperliche sowie bildgebende Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Ist nach der Operation noch ein Tumorrest vorhanden, scheint nach bisherigen Erkenntnissen eine Strahlentherapie der Tumorregion vorteilhaft zu sein, worüber im Einzelfall entschieden werden muss.
Andere Ependymome WHO-Grad I kommen bei Kindern so gut wie nicht vor. Entscheidungen über eine Therapie müssen deshalb immer individuell getroffen werden.
Ependymom WHO-Grad II-III
Bei bösartigen Erkrankungen wie dem Ependymom WHO-Grad II, dem Anaplastischen Ependymom WHO-Grad III oder dem Ependymom RELA-Fusion-positiv WHO-Grad II oder III reicht die alleinige Operation meist auch dann nicht aus, wenn der Tumor komplett entfernt werden kann. Denn diese Tumortypen neigen, in unterschiedlichem Maße, zu aggressivem Wachstum, so dass davon ausgegangen werden muss, dass nach der Operation kleinste, mit dem bloßen Auge nicht erkennbare Tumorreste oder auch einzelne Tumorzellen verblieben sind, die sich jederzeit vermehren können. Diese Tumorreste erhöhen das Risiko eines Erkrankungsrückfalls im Bereich der ehemaligen Tumorregion (Lokalrezidiv). Weniger häufig kommt es zu Rückfällen in entfernten Bereichen des Gehirns oder Rückenmarks.
Um einem Erkrankungsrückfall vorzubeugen, ist eine nicht-chirurgische Nachbehandlung durch Bestrahlung des Resttumors beziehungsweise der ehemaligen Tumorregion und bei einigen Patienten auch eine Chemotherapie sinnvoll. Die Chemotherapie wird zum Beispiel bei sehr jungen Kindern eingesetzt, um den Beginn der Strahlentherapie zu verzögern oder vorerst zu vermeiden. Auch eine Therapieintensivierung (zum Beispiel bei Metastasen und/oder Resttumor) kann Ziel der Chemotherapie sein.
Welche Form der nicht-chirurgischen Therapie im Einzelfall eingesetzt wird, richtet sich in erster Linie nach der Art des Tumors und dem Metastasierungsgrad, dem Ausmaß der Tumorentfernung und dem Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung.
Informationen zu Strahlen- und Chemotherapie finden Sie im Anschluss.