Chemotherapie
Autor: Maria Yiallouros, erstellt am: 14.04.2008, Zuletzt geändert: 17.11.2020
Inhaltsverzeichnis
Hauptbestandteil jeder Leukämiebehandlung ist die Chemotherapie. Man versteht darunter eine Behandlung mit zellwachstumshemmenden Medikamenten, so genannten Zytostatika. Zytostatika wirken sehr gut gegen rasch wachsende, also sich schnell teilende Zellen. Zu diesen gehören in besonderem Maße die Leukämiezellen.
Das Ziel der Chemotherapie ist, die Leukämiezellen im Körper möglichst vollständig zu vernichten und damit eine dauerhafte Heilung des Patienten zu erreichen.
Sonderregelungen zur Chemotherapie: Bei Patienten mit einem Down-Syndrom ist eine weniger intensive Chemotherapie erforderlich als bei anderen AML-Betroffenen. Bei Patienten mit akuter Promyelozytenleukämie (APL) – einer Sonderform der AML – kann häufig ganz auf die Chemotherapie verzichtet werden. Anstelle der Zytostatika werden andere Medikamente gegeben (siehe hierzu unsere Abschnitte „Therapie Down-Syndrom“ und "Therapie APL" im Kapitel Ablauf der Chemotherapie).
Welche Medikamente werden eingesetzt und wie werden sie verabreicht?
Die akute myeloische Leukämie (AML) erfordert (abgesehen von den oben erwähnten Sonderregelungen) eine sofortige und sehr intensive chemotherapeutische Behandlung. Da ein einzelnes Medikament in der Regel nicht ausreicht, um alle Leukämiezellen zu vernichten, werden Kombinationen verschiedenartig wirkender Zytostatika eingesetzt (Polychemotherapie). Auf diese Weise soll die größtmögliche Wirkung gegen die bösartigen Zellen erzielt werden.
Die Medikamente werden normalerweise per Infusion oder Spritze verabreicht, einige auch in Tablettenform. Sie verteilen sich über die Blutbahn im gesamten Körper und können dadurch Leukämiezellen überall im Körper bekämpfen. Die Chemotherapie wird daher auch als „systemische Therapie“ bezeichnet.
Leukämiezellen im Zentralnervensystem können allerdings aufgrund der Blut-Hirn-Schranke durch die übliche Form der Chemotherapie nur unzureichend erreicht und abgetötet werden. Aus diesem Grund werden zusätzliche Medikamente direkt in das Nervenwasser gespritzt, das Gehirn und Rückenmark umgibt (so genannte intrathekale Chemotherapie. Am häufigsten wird hierzu das Medikament Cytarabin (Ara-C) oder die Kombination von Cytarabin, Metothrexat (MTX) und Prednison (PRED, auch Hydrocortison) – die so genannte Triple-Therapie – eingesetzt [CRE2019] [CRE2018]. Die Medikamente werden im Laufe der Therapie mehrfach durch eine Injektion in Höhe der Lendenwirbelsäule (Lumbalpunktion) verabreicht.
Wie wird die Chemotherapie durchgeführt?
Die chemotherapeutische Behandlung erfolgt in mehreren Zyklen oder Phasen. Der Vorteil dieser Intervallbehandlung liegt darin, dass Leukämiezellen, die während des ersten Zyklus nicht erfasst werden (zum Beispiel, weil sie sich zu diesem Zeitpunkt gerade in der Ruhephase befinden und sich so der Wirkung der Medikamente entziehen), in einer der nachfolgenden Behandlungsphasen vernichtet werden können. Durch den Einsatz wechselnder Medikamentenkombinationen können auch Leukämiezellen, die gegen bestimmte Medikamente unempfindlich (resistent) sind, mit größerer Wahrscheinlichkeit „getroffen“ werden.
Zwischen den einzelnen Behandlungsphasen liegen Behandlungspausen, die dem Körper die Möglichkeit geben, angegriffenes gesundes Gewebe zu regenerieren. Besser als bösartige Zellen sind gesunde Zellen nämlich in der Lage, die durch die Chemotherapie verursachten Schäden an ihrer Erbinformation zu erkennen und zu reparieren.
Die Gesamtdauer der chemo- (und strahlen)therapeutischen Behandlung beträgt etwa anderthalb Jahre.
Ausführliche Informationen zu den verschiedenen Chemotherapie-Phasen erhalten Sie im Kapitel "Ablauf der Chemotherapie". Allgemeine Informationen zur Chemotherapie finden Sie hier.
Welche Nebenwirkungen hat die Chemotherapie und welche Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung gibt es?
Die Chemotherapie schädigt nicht nur die Leukämiezellen, sondern auch gesunde Zellen, die sich häufig und schnell teilen (zum Beispiel Zellen der Mund- und Darmschleimhaut, Haarwurzel- und Knochenmarkzellen). Dadurch kommt es im Laufe der Behandlung unvermeidlich zu einer Reihe von Nebenwirkungen, die das Wohlbefinden und die Gesundheit des Patienten beeinträchtigen. Je nach Art und Dosierung der Medikamente sind die Nebenwirkungen unterschiedlich stark.
Gut zu wissen: Nicht alle Patienten reagieren in gleicher Weise auf die Chemotherapie. Das heißt: Nicht alle Nebenwirkungen, die im Folgenden genannt werden, treten bei jedem Patienten auf. Darüber hinaus empfindet jeder Patient einzelne Nebenwirkungen unterschiedlich stark.
Häufige Nebenwirkungen
- Zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Zytostatikabehandlung zählen Störungen im Verdauungstrakt, Haarausfall sowie Übelkeit und Erbrechen.
- Auch die Funktion der männlichen und weiblichen Keimdrüsen – der Eierstöcke und der Hoden – kann durch die Chemotherapie beeinträchtigt werden.
- Von besonders schwerwiegender Auswirkung ist die Chemotherapie auf das Knochenmark, denn die Zytostatika zerstören nicht nur Leukämiezellen, sondern beeinträchtigen auch die Bildung gesunder roter und weißer Blutkörperchen und Blutplättchen, die durch die Leukämie ohnehin schon gestört ist. Durch den dadurch bedingten Mangel an Blutzellen bestehen während der Behandlungszeit eine akute, unter Umständen lebensbedrohliche Infektionsgefahr sowie erhöhte Blutungsneigung und Blutarmut.
Maßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung
Um den Folgen der Leukämie und den Nebenwirkungen der Chemotherapie vorzubeugen oder diese zu behandeln, wird das Behandlungsteam verschiedene unterstützende Behandlungsmaßnahmen (Supportivtherapie) ergreifen:
- Die fehlenden roten Blutzellen (Anämie) oder Blutplättchen (Thrombozytopenie) werden durch die Gabe entsprechender Blutkonserven (Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrate) ersetzt.
- Außerdem werden antibakterielle Medikamente (Antibiotika) sowie Medikamente gegen Pilze verabreicht, um gegen Infektionen vorzugehen oder diese von vornherein zu vermeiden.
- Auch andere während der Therapie auftretende Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Entzündungen der Mund- und Darmschleimhaut lassen sich mit Hilfe von Medikamenten wirksam bekämpfen oder lindern.
- Der Haarausfall bildet sich meist drei bis sechs Monate nach Therapieende vollständig zurück.
Hier erhalten Sie ausführliche Informationen zur Supportivtherapie.
Gut zu wissen: Auch der Patient selbst beziehungsweise seine Angehörigen können durch verschiedene (vorbeugende) Maßnahmen dazu beitragen, Nebenwirkungen zu mildern und Komplikationen so gut wie möglich zu vermeiden. Dies gilt vor allem für Behandlungszeiten, die der Patient zuhause verbringt (zum Beispiel Therapiepausen während der Intensivtherapie; Dauertherapie). Entsprechende Informationen (zum Beispiel zur Ernährung, zur Vorbeugung von Infektionen, zum Umgang mit Blutungen oder zur Linderung behandlungsbedingter Nebenwirkungen) finden Sie in unserem Text „Empfehlungen für zu Hause (während oder nach der Chemo- und Strahlentherapie)“. Individuelle Empfehlungen erhalten Sie von Ihrem Behandlungsteam.
Neben akuten Folgen der Chemotherapie muss unter Umständen auch mit verschiedenen Spätfolgen der Behandlung gerechnet werden. Informationen dazu finden Sie im Kapitel "Spätfolgen".