Klinische Studien

Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Zuletzt geändert: 26.02.2019

Klinische Studien erfolgen am Menschen (so genannten Testteilnehmern/ Probanden) nach strengen Kriterien. Sie können sowohl in Arztpraxen als auch in beteiligten Kliniken und Behandlungszentren durchgeführt werden.

Pädiatrische Onkologie

Es gibt klinische Studien an gesunden und an erkrankten Probanden (Patienten). Bei Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankungen sind die Studienteilnehmer immer Patienten. Grundsätzlich ist die Teilnahme an solchen klinischen Studien freiwillig: Patienten dürfen weder zur Teilnahme gezwungen werden, noch dürfen ihnen Nachteile entstehen, wenn sie die Teilnahme ablehnen.

Ziel der klinischen Forschung im Rahmen von klinischen Studien ist es herauszufinden, ob und wie die Ergebnisse aus der Grundlagen- (siehe Grundlagenforschung) und der präklinischen Forschung (siehe präklinische Forschung) bei der Behandlung von Menschen Anwendung finden können. Klinische Studien sind für die Entwicklung wissenschaftlich abgesicherter Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankungen unverzichtbar.

Anforderungen an klinische Studien

Die rechtlichen Vorgaben für die Durchführung einer klinischen Prüfung finden sich in §§ 40, 41, 42 und 42a Arzneimittelgesetz und anderen Dokumenten (7 Übersicht: »Wichtige Dokumente«). Für die Durchführung einer klinischen Studie sind vor allem zunächst die Registrierung der klinischen Prüfung bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) mit Beantragung einer so genannten EudraCT-Nummer erforderlich. Ebenfalls muss die Genehmigung der Durchführung der Studie von der zuständigen Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM0 oder Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eingeholt werden. [CRE2006c] [EGG2018] Weitere Anforderungen beinhalten:

  • Positives Ethikvotum: Studien dürfen nur dann genehmigt werden, wenn eine Gruppe aus unabhängigen Gutachtern entschieden hat, dass die geplante Studie hinsichtlich medizinischer, Datenschutz- und anderer rechtlicher sowie ethischer Aspekte vertretbar ist. Unabhängigkeit der Gutachter bedeutet, dass diese keinen persönlichen Vorteil an der Durchführung der Studie haben dürfen. Eine solche Gruppe aus Gutachtern wird Ethikkommission, genannt, deren Entscheidung heißt Ethikvotum. Bei multizentrischer Prüfung (s. Studiendesign) bewertet die zuständige Ethikkommission im Benehmen mit allen beteiligten lokalen Ethikkommissionen, die wiederum die Qualifikation der Prüfer bewerten. Ethische Anforderungen an die Forschung an Menschen sind seit 1964 in der Deklaration von Helsinki der World Medical Association (WMA) definiert.
  • Anzeige der klinischen Prüfung bei der bundeslandspezifisch festgelegten zuständigen Behörde (z. B. Gesundheitsamt eines Landkreises)
  • Zusage für die Übernahme eines Sponsorings (Verantwortung für die Finanzierung und gesetzliche Durchführung der klinischen Prüfung)
  • Ernennung/Wahl eines qualifizierten Studienleiters (Leiter der klinischen Prüfung, LKP, oder Hauptprüfer mit Studienleiterzertifikat),
  • Sicherstellung der Existenz qualifizierter und GCP-zertifizierter Prüfärzte in jedem Prüfzentrum (das heißt: in jeder teilnehmenden Klinik)
  • Vorlage eines Prüfplans / Studienprotokolls: Die Erstellung eines Studienprotokolls durch die verantwortlichen Wissenschaftler (so genannte Studienkommission) ist Voraussetzung für die Durchführung der Studie. In diesem Protokoll sind die Details zum Studiendesign, zum Umgang mit unerwünschten Nebenwirkungen, zum Datenschutz, zur Protokollierung der erhobenen Daten und weiteres festgelegt.
  • Geringes Risiko: Studien dürfen nur mit geringem (gesundheitlichem) Risiko für Studienteilnehmer (Probanden) einhergehen (in der Regel sind diese durch eine Probandenversicherung für den Fall einer Gesundheitsschädigung abgesichert)
  • Einschränkung von Schmerzen: Studien sollten möglichst schmerzfrei/allenfalls schmerzarm sein, das heißt, sie dürfen das Wohlbefinden des Probanden nicht oder nur gering einschränken
  • Klare Fragestellung: Studien verfolgen eine bestimmte Fragestellung, die ihren Aufbau bestimmt (siehe Studiendesign)
  • Vergleichbarkeit der Ergebnisse: Studien sollen nicht zu fragwürdigen Ergebnissen führen, das heißt, dass sie wiederholt (unter denselben Untersuchungsbedingungen) dieselben/vergleichbare Ergebnisse hervorbringen und Daten produzieren, die für große Patientengruppen gültig sind (zum Beispiel im Vergleich zu großen Gruppen, die mit Standardtherapie behandelt werden)
  • Vertretbarer Aufwand: Studien sollen mit vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand durchführbar sein
  • Klare Eingangskriterien: Die Probanden müssen zur Studienteilnahme bestimmte Voraussetzungen erfüllen wie beispielsweise eine Altersgrenze erfüllen. Diese Ein- und Ausschlusskriterien werden vor Beginn der Studie von den zuständigen Experten genau festgelegt.
  • Aufklärung und Einwilligung des Patienten: Studien dürfen nur Probanden/Patienten einschließen, die zuvor vom zuständigen Prüfarzt ausführlich über Chancen und Risiken der Studie aufgeklärt wurden und daraufhin schriftlich in die Teilnahme eingewilligt haben. Bei Kindern und noch nicht volljährigen Jugendlichen betrifft diese Anforderung Eltern beziehungsweise den gesetzlichen Vormund. Die Kinder und Jugendlichen selbst werden in altersentsprechender Weise aufgeklärt. Soweit der Minderjährige einwilligungsfähig ist, ist nach dem AMG zusätzlich zur Einwilligung der Sorgeberechtigten auch seine Einwilligung erforderlich. Einwilligungsfähigkeit bedeutet nach der Definition des Bundesgerichtshofs (BGH), dass der Minderjährige „nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag“. Es gibt kein gesetzlich vorgegebenes Mindestalter
  • Datenschutz: Da klinische Studien am Menschen erfolgen, sind die jeweils erhobenen Daten personenbezogen. Die Generierung und Weiterverarbeitung von personenbezogenen Gesundheitsdaten im Rahmen klinischer Studien ist im Arzneimittelgesetz (AMG) gemäß der allgemeinen Datenschutzbestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) speziell festgelegt (§ 40 Abs. 2a AMG).
  • Studienphasen: Studien sollten bei Arzneimittelprüfungen vier Studienphasen beinhalten (s. u.: Phasen der Klinischen Prüfung).

Wichtig zu wissen: Bevor ein Forscherteam mit einer klinischen Studie beginnen darf, müssen Expertengremien zuständiger Organisationen (zum Beispiel Ethikkommissionen, Behörden) der Durchführung zugestimmt haben. Das bedeutet, dass wichtige Anforderungen an die Forschungsmethoden erfüllt sein müssen.

Studiendesign

Unter Studiendesign [CRE2006c] versteht man das „wie“, das heißt die zuvor von den zuständigen Experten festgelegte Art und Weise, wie eine Studie ablaufen beziehungsweise durchgeführt werden soll, damit die vorher genannten Anforderungen sicher erfüllt werden. Außerdem ist ein gezieltes Studiendesign notwendig, um höchste Aussagekraft und Gültigkeit der Ergebnisse zu erreichen. Klinische Studien, die beispielsweise zur Prüfung von Medikamenten stattfinden, sind in der Regel kontrolliert und zum Teil randomisiert, teilweise doppelblind und oft multizentrisch angelegt:

  • kontrolliert beschreibt den Vergleich einer neuen Substanz mit einem Kontrollmedikament, wie zum Beispiel mit einem Pseudo-Arzneimittel (so genanntes Placebo) oder mit einer Substanz, die sich bereits als erfolgreich erwiesen hat (so genannter Therapiestandard)
  • randomisiert bedeutet, dass die Probanden den zu vergleichenden Behandlugen (so genannten Therapie-Armen) zufällig zugeordnet werden
  • doppelblind nennt man Studien, wenn weder dem Behandlungsteam noch dem Probanden bekannt ist, welcher Studienteilnehmer welche Substanz erhält
  • multizentrisch heißen Studien, die gleichzeitig an mehreren Zentren laufen