Prognose bei Patienten mit Ersterkrankung eines Medulloblastoms, embryonalen nicht-rhabdoiden ZNS-Tumors oder Pineoblastoms
Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, erstellt am: 08.01.2008, Zuletzt geändert: 09.06.2020
Die Überlebensaussichten des Patienten richten sich insbesondere danach, welche Form des Tumors vorliegt.
Medulloblastom
Die Heilungsaussichten (Prognose) von Kindern und Jugendlichen mit einem Medulloblastom haben sich dank der großen Therapiefortschritte in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Die heute eingesetzten modernen Untersuchungsmethoden und intensiven, standardisierten Kombinationstherapien führen dazu, dass fünf Jahre nach der Diagnosestellung insgesamt etwa 75 % der erkrankten Kinder und Jugendlichen leben. Die 10-Jahres-Überlebensraten liegen bei knapp 70 % [KAA2019].
Die Prognose für den einzelnen Patienten hängt allerdings davon ab, an welchem Medulloblastom-Subtyp er erkrankt ist, ob Metastasen und/oder ein Resttumor nach der Operation vorliegen, wie alt er zum Zeitpunkt der Diagnose ist und wie die Erkrankung auf die Therapie anspricht. Bei Patienten mit einem günstigen Risikoprofil werden mit der heute gängigen Therapie Überlebensraten von über 80 % erreicht, besonders günstig ist die Prognose für Patienten mit einem desmoplastisch/nodulären Medulloblastom oder einem WNT-aktivierten Medulloblastom. Patienten mit einem ungünstigen Risikoprofil (zum Beispiel einem anaplastisches oder großzelligen Medulloblastom oder einer MYCC-/MYCN-Amplifikation) haben weniger günstige Heilungsaussichten. Das Vorliegen von Metastasen kann, muss aber nicht, mit einer ungünstigeren Prognose verbunden sein, auch hier spielen der Tumortyp, das Therapieansprechen und weitere Faktoren eine Rolle [BUE2016] [FLE2018] [HOF2009] [RUT2005] [RUT2010b] [RUT2012].
Bis Ende der 80er Jahre war die Prognose der kleinen Kinder (jünger als 4 Jahre) bedeutend schlechter als die der älteren Kinder oder Jugendlichen. Sie hat sich jedoch nach Einführung der Behandlungsprotokolle mit intensiver Chemotherapie deutlich verbessert [HAR1977] [KEL1999] [RUT2005] [RUT2009] [RUT2010b] [RUT2012].
Embryonaler nicht-rhabdoider ZNS-Tumor / Pineoblastom
Die Heilungsaussichten (Prognose) von Kindern und Jugendlichen mit einem embryonalen, nicht-rhabdoiden ZNS-Tumor (früher ZNS-PNET) liegen nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters bei insgesamt etwa 60 % (5-Jahres-Überlebensrate). Für Pineoblastom-Patienten ist die Gesamtprognose etwas günstiger [KAA2019].
Allerdings hängt die Prognose für den einzelnen Patienten von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst handelt es sich bei den embryonalen ZNS-Tumoren um eine sehr heterogene Gruppe, das heißt, die Überlebensaussichten können je nach Tumortyp unterschiedlich sein. Darüber hinaus spielen vor allem das Krankheitsstadium und das Alter des Patienten eine besondere Rolle. So haben Kinder und Jugendliche mit metastasierter Erkrankung in der Regel ungünstigere Heilungsaussichten als Patienten mit lokalisierter Erkrankung. Auch bei jungen Patienten, die im Rahmen der Behandlung keine Strahlentherapie erhalten können, ist die Prognose ungünstig; mit einem langfristig tumorfreien Überleben ist nur bei circa 20 bis 30 % der Patienten zu rechnen [KUE2006] [TIM2002] [TIM2006]. Die Gruppe der Patienten mit embryonalem ZNS-Tumor / Pineoblastom ist aber eine biologisch sehr heterogene Gruppe.
Im Rahmen zahlreicher aktueller Forschungsprojekte wird weiterhin verstärkt nach speziellen Eigenschaften dieser Tumoren (insbesondere molekulargenetischen Besonderheiten) sowie nach Prognosefaktoren (beispielsweise Lage des Tumors im Zentralnervensystem, Vorhandensein von Resttumor nach der Operation) gesucht, die zu höheren Überlebensraten beitragen können, um zukünftig auch diesen Patienten eine stärker risikoangepasste und individuelle Behandlung zu ermöglichen.