Vom vertrauten Kinder- und Jugendarzt zum unbekannten Erwachsenenmediziner
Autor: PD Dr. med. Gesche Tallen, erstellt am: 09.02.2016, Redaktion: Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 01.03.2016
Für einen jungen Erwachsenen, der als Kind oder Jugendlicher aufgrund eines ZNS-Tumors behandelt wurde, ist das ehemalige Behandlungsteam beziehungsweise der vertraute Kinder- und Jugendarzt ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zuständig.
Stattdessen muss sich der Betroffene jetzt daran gewöhnen, mit verschiedenen Spezialisten (zum Beispiel Neurologen, Neuropsychologen, Hormonspezialisten, Internisten, Hausarzt) aus der Erwachsenenmedizin zu tun zu haben. Dieser Übergang ist nicht immer einfach, kann jedoch durch Inanspruchnahme bestimmter Hilfeleistungen und Einrichtungen erleichtert werden.
In Deutschland werden derzeit kontinuierlich Einrichtungen zur Langzeitnachsorge von Überlebenden einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter etabliert. Informationen zu entsprechenden Einrichtungen und zur gezielten Suche von Nachsorge-Angeboten in Ihrer Nähe finden Sie hier.
Einsicht in die Patientenunterlagen
Wichtig für eine erfolgreiche Nachsorge und damit Sicherstellung einer bestmöglichen Überlebensqualität ist auch, dass sowohl der Betroffene selbst als auch die nachsorgenden Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialarbeiter so gut wie möglich über die ehemalige Erkrankung, Behandlungen und den Gesamtverlauf informiert sind.
Gut zu wissen: Jeder ehemalige Patient hat das Recht, jederzeit seine Patientenunterlagen einzusehen (soweit sie objektive Dokumentationen und Befunde enthalten, mehr dazu unten). Dazu ist eine Angabe von Gründen nicht notwendig. Auf Nachfrage besteht ebenso Anspruch auf Kopien der Unterlagen, allerdings meist nicht unentgeltlich. Will oder kann der Betroffene seine Akte nicht selbst einsehen, kann er eine andere Person mit Hilfe einer Vollmacht sowie einer Schweigepflichtsentbindung für den zuständigen Arzt dazu befähigen.
Dieses Einsichtsrecht besteht allerdings nicht unbeschränkt. Sofern die nachsorgenden Ärzte Bedenken gegen die Einsicht haben oder ihre Interessen oder die anderer Personen einer Offenlegung entgegenstehen, kann eine Einsichtnahme abgelehnt werden.
Auch dürfen beispielsweise Passagen mit emotionalen oder persönlichen Beurteilungen und Eindrücken über den ehemaligen Patienten oder dessen Angehörige beziehungsweise anderer Personen bei der Einsichtnahme verdeckt werden. Ebenso müssen Aufzeichnungen im Interesse Dritter (zum Beispiel Gutachten) nicht zur Offenlegung ausgehändigt werden.
Über folgende Infomationen sollten ehemalige Patienten verfügen:
- Art, anatomische Lage, feingewebliche Eigenschaften und Risikoeinstufung des ZNS-Tumors
- Art, Intensität und Daten aller Behandlungen (zum Beispiel eingesetzte Zytostatika, Dosierungen, Strahlenfelder, -techniken, -dosierungen, Shuntableitung, Ausmaß der Tumorentfernung)
- eingetretene Komplikationen und unerwünschte Nebenwirkungen der Behandlungen
- Inanspruchnahme von psychosozialer und anderer Unterstützung
- Ansprechpartner im ehemaligen Behandlungsteam / Behandlungszentrum
- aktuell bestehende und weitere mögliche Spätfolgen
- notwendige Nachsorgeuntersuchungen, -Nachsorgemaßnahmen und Ansprechpartner
- Informationen zu Versicherungsstatus, finanzieller und akademischer Situation