Aktuelle Initiativen und Forschungsprojekte zur Nachsorge nach ZNS-Tumorerkrankung im Kindes- oder Jugendalter
Autor: PD Dr. med. Gesche Tallen, erstellt am: 09.02.2016, Redaktion: Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 11.05.2016
Da immer mehr Patienten ihre ZNS-Tumorerkrankung überleben, wird es für die Betroffenen, deren Familien, das weiterbehandelnde medizinische Fachpersonal, nationale Gesundheits- und Ausbildungssysteme sowie die Gesellschaft im Allgemeinen immer wichtiger, mit Spätfolgen der Erkrankung fachgerecht umzugehen. Dazu müssen alle Beteiligten die Bedürfnisse dieser speziellen Gruppe von Überlebenden besser verstehen. Das bedeutet, dass Spätfolgen systematisch untersucht werden müssen.
Für die Erforschung der einzelnen Spätfolgen, deren Prognose, der zugrundeliegenden Risikofaktoren und der Einflüsse auf die Überlebensqualität nach Krebs im Kindes- oder Jugendalter wurden in den USA und in Großbritannien große Untersuchungen (Studien) veranlasst: die "Childhood Cancer Survivor Study (CCSS)" und die "British Childhood Cancer Survivor Study (BCCSS)".
In Deutschland sammelt das Deutsche Kinderkrebsregister (DKKR) in Mainz Daten zu Spätfolgen und führt diese mit den entsprechenden Informationen über die Behandlung zusammen [KAA2015a] [KAA2009] [KAA2009a]. Außerdem gründete die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) bereits 1989 die "Arbeitsgruppe Spätfolgen", die Nachsorgeempfehlungen für alle Therapieoptimierungsstudien entwickelt hat.
Neuere Initiativen wie PanCareSurFup und PanCareLife (PCL) erheben europaweit Untersuchungen zu Zweitkrebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fruchtbarkeit, Hörminderung und Lebensqualität. Nationale Studien wie die "Late Effects Surveillance Study (LESS)" und die "Cardiac and Vascular Late Sequelae in long-term survivors of childhood cancer (CVSS)-Study" unterstützen diese Projekte in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderkrebsregister.
Eine weitere junge Aktion, VIVE, ist ein seit 2013 bestehendes, nationales Umfrageprojekt zu Spätfolgen bei Überlebenden nach einer Krebserkrankung im Kindes- oder Jugendalter. Das Projekt untersucht vor allem Hörminderung, Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit und Lebensqualität und wird von der Arbeitsgruppe Lebensqualität der GPOH, dem Deutschen Kinderkrebsregister und LESS getragen.
Detaillierte Untersuchungen zur Überprüfung des Zusammenhangs zwischen eingesetzten Bestrahlungsdosen und Organfunktionsstörungen erarbeitet die (von der deutschen Kinderkrebsstiftung geförderte) Arbeitsgruppe RiSK (Register zur Erfassung radiogener Spätfolgen bei Kindern und Jugendlichen).
Gut zu wissen: Ganz speziell für ehemalige Patienten, die im Kindes- oder Jugendalter an einem ZNS-Tumor erkrankt waren, haben die Mitglieder des Hirntumor-Forschungs-/Behandlungsnetzwerks der GPOH (HIT-Netzwerk) vor kurzem ein Projekt (HITLife) ins Leben gerufen, durch das ganz gezielt die Spätfolgen und Bedürfnisse dieser Gruppe von Langzeitüberlebenden deutschlandweit erfasst und analysiert werden sollen.
Das Ziel des Projektes ist herauszufinden, bei welchen Patienten wann welche Spätfolgen eintreten können, des Weiteren die jeweiligen Risikofaktoren zu identifizieren und die Prognose der einzelnen Spätfolgen sowie deren Folgen für das Alltagsleben zu charakterisieren.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen einerseits dabei helfen, die bisherigen Behandlungen weiter zu verbessern. Andererseits sollen sie eine qualitätsgesicherte Nachsorge ermöglichen und dadurch zukünftig Spätfolgen weiter vermindern beziehungsweise zu einem fachgerechten Umgang mit den Bedürfnissen der überlebenden beitragen.