Therapieplanung: Nach welchen Kriterien wird die Behandlungsintensität festgelegt?
Autor: Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 12.07.2021
Die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) ist keine einheitliche Erkrankung, sondern umfasst verschiedene Unterformen, die sich hinsichtlich des Krankheitsverlaufs, der Heilungsaussichten (Prognose) und der Therapierbarkeit zum Teil deutlich voneinander unterscheiden und daher unterschiedliche Behandlungsstrategien erfordern.
Durch die exakte Bestimmung des ALL-Typs sowie weiterer Faktoren, die auf die Prognose der Erkrankung Einfluss nehmen – sie werden daher als Risikofaktoren oder Prognosefaktoren bezeichnet – erhalten die Ärzte Hinweise darauf, wie der Patient auf eine bestimmte Behandlungsmethode ansprechen wird und wie hoch das Risiko eines Krankheitsrückfalls nach einer Behandlung ist. Dieses Wissen wird dazu genutzt, Patienten mit ALL bestimmten Risikogruppen zuzuordnen.
Die Einteilung der Patienten in Risikogruppen ermöglicht eine individuelle, an das jeweilige Rückfallrisiko des Patienten angepasste Therapieplanung und ist daher von entscheidender Bedeutung für die Heilungschancen des Patienten. Durch die Wahl der Behandlungsintensität sollen die bei einem Patienten vorliegenden Risikofaktoren weitestgehend „kompensiert“ werden. Dies gelingt auch zum Teil, so dass die Heilungsaussichten bei Patienten mit unterschiedlichen Risikofaktoren durchaus gleich sein können.
Risikofaktoren, die das Rückfallrisiko und somit die Intensität der Behandlung und die Prognose der Erkrankung beeinflussen, sind unter anderem:
- die Unterform der ALL (unter Berücksichtigung zytologischer, immunologischer und genetischer Merkmale)
- das Ansprechen der Erkrankung auf die Therapie
- die Anzahl der weißen Blutzellen zum Zeitpunkt der Diagnose (initiale Leukämiezellmasse)
- das Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose
Welche der oben genannten Prognosefaktoren für die Einteilung der Patienten nach Risikogruppen (Stratifizierung) und, damit einhergehend, für die Therapieplanung verwendet werden, hängt vom jeweiligen Behandlungsplan (Therapieprotokoll) ab, nach welchem der Patient behandelt wird. Fast alle Patienten mit ALL (99,6 %) werden nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien behandelt [ERD2020]. Die beiden bundesweit laufenden Therapieoptimierungsstudien AIEOP-ALL BFM 2017 und CoALL-08-09 (beziehungsweise das jetzt offene Register CoALL 2020) berücksichtigen zum Teil unterschiedliche Prognosefaktoren.
Verwendete Basisliteratur
- Schrappe M, Möricke A, Attarbaschi A, von Stackelberg A: Akute lymphoblastische Leukämie. in: Niemeyer C, Eggert A (Hrsg.): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Springer-Verlag GmbH Deutschland, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2018, 269 [ISBN: 978-3-662-43685-1]
- Escherich G, Schrappe M, Creutzig U: Akute lymphoblastische Leukämie (ALL) im Kindesalter. AWMF online 2016 [URI: www.awmf.org]
- Schrappe M: Risk-adapted stratification and treatment of childhood acute lymphoblastic leukaemia. Radiation protection dosimetry 2008, 132: 130 [PMID: 19017727]
- Möricke A, Reiter A, Zimmermann M, Gadner H, Stanulla M, Dördelmann M, Löning L, Beier R, Ludwig WD, Ratei R, Harbott J, Boos J, Mann G, Niggli F, Feldges A, Henze G, Welte K, Beck JD, Klingebiel T, Niemeyer C, Zintl F, Bode U, Urban C, Wehinger H, Niethammer D, Riehm H, Schrappe M, German-Austrian-Swiss ALL-BFM Study Group: Risk-adjusted therapy of acute lymphoblastic leukemia can decrease treatment burden and improve survival: treatment results of 2169 unselected pediatric and adolescent patients enrolled in the trial ALL-BFM 95. Blood 2008, 111: 4477 [PMID: 18285545]
- Schrappe M, Beier R, Burger B: New treatment strategies in childhood acute lymphoblastic leukaemia. Best Pract Res Clin Haematol 2003, 15: 729 [PMID: 12617873]