Fallbeispiel 3

Autor: Jan-Henning Klusmann, Redaktion: Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 20.12.2011

Anamnese

Sechs Monate altes Mädchen ohne wesentliche Erkrankungen in der Vorgeschichte.
In der Woche vor Aufnahme stellten die Eltern das Kind beim Kinderarzt wegen erschwerter Atmung vor. Dieser diagnostizierte eine vergrößerte Leber und vermutete einen viralen Infekt.
Einige Tage später erbrach das Mädchen. Zusätzlich tastete die Mutter vergrößerte Lymphknoten, was sie veranlasste, mit dem Kind in der Ambulanz vorstellig zu werden

Aufnahmebefund

Sechs Monate altes Mädchen, 63 cm groß und 7,1 kg schwer, in reduziertem Allgemeinzustand mit blassem Integument.

Pulmo

anstoßende Atmung, seitengleich belüftet, keine Rasselgeräusche

Abdomen

gebläht, Hepatosplenomegalie: Leber 3-4cm unter dem Rippenbogen palpabel, die Milz 1-2cm vergrößert

Lymphknoten

Zervikal ein 2x2cm großer, verschieblicher Lymphknoten tastbar

Diagnostik

Labor

Laborwerte

EKG
Echokardiographie

Tag 2:unauffällig

EEG

Tag 2:unauffällig

Röntgen-Thorax

Tag 1: unauffällig
Tag 2: Minderbelüftung rechts
Tag 3: zunehmend pneumonische Infiltrate
Tag 4: unverändert
Tag 6: geringe Verbesserung

Bronhoskopie mit Lavage

4: kein Nachweis von Pneumocystis carinii

Röntgen-Abdomen

Tag 2: unauffällig

Sonographie-Gehirn

Tag 2, 4 und 6: kein Hinweis auf Blutung

Kommentar 1:
Hinweise auf Leukämie: Dyspnoe, Hepatomegalie, vergrößerte Lymphknoten, Blässe.

Verlauf

Therapie Fall3 (15KB)
Autor: Jan-Henning Klusmann

Tag 1

15.00h

Aufnahme wegen Erbrechen und vergrößerten Lymphknoten

Blutbild

Hyperleukozytose (500.600/µl)

Therapie

 

Knochenmarkpunktion

Tag 2

1.00h

Gabe von Rasburicase (0,2mg/kg KG)
Harnsäure von 11,2 auf 1,1mg/dl

3.00h
Blutbild

Abfall der Leukozyten auf 204.000/µl (3.00h), bei ansonsten ausgeglichenen Werten

7.00h

  • plötzliches pulmonales Versagen → Intubation und Beatmung
  • Verdacht auf pulmonalen Gefäßverschluß durch Hyperleukozytose
  • Anstieg der Leukozyten auf 540.000/µl

11.00h

Beginn einer Austauschtransfusion (über 2 Stunden)
insgesamt 910ml Blut (620ml EK (49ml/kgKG) und 290ml FFP (14ml/kgKG))
Leukozyten nach Austausch bei 158.000/µl (13.00h) und 203.000/µl (14.00h)

 

Erhöhung der Cytarabin-Konzentration (30mg/m²/12h), fast zweitägige Gabe → langsame Reduktion der Leukozyten

Tag 3

ARDS

Bronchoskopie

Thrombozytopenie

regelmäßige Substitution von Thrombozytenkonzentraten

Induktionstherapie

  • Idarubicin (2,8mg)
  • Cytarabin (2x täglich 23,2mg)

15.00h
Blutbild

Leukozyten bei 156.000/µl

Tag 7

Blutbild

Abfall der Leukozyten auf 14.200/µl

Lumbalpunktion

Gabe von 20mg Cytarabin intrathekal

Tag 15

Extubation

wegen ödematöser Glottis und Sepsis verzögert

 

Beatmung gestaltete sich durch schlechte Sedierungsmöglichkeit des Kindes schwierig

Kommentar 2:
Das Kind kam bereits in reduziertem Allgemeinzustand in die Klinik. Hier wurde zügig nach Bekanntwerden der Hyperleukozytose und Diagnosestellung der AML ein ZVK angelegt. Es erfolgte ein rascher Therapiebeginn (Hydrierung, Alkalisierung, Cytoreduktion mit Thioguanin, Cytarabin, Rasburicase). Hierunter kam es innerhalb von 12 Stunden zur Reduktion der Leukozyten von ca. 500.600/µl auf 204.000/µl. Die Laborwerte und der Allgemeinzustand des Kindes waren bis zu diesem Zeitpunkt stabil. Innerhalb der nächsten vier Stunden kam es erneut zu einem massivem Leukozytenanstieg und pulmonaler Insuffizienz. Durch die im Verlauf durchgeführte Austauschtransfusion konnte eine Leukozytenreduktion erreicht werden, jedoch kam es zu keiner wesentlichen Besserung der pulmonalen Situation.

Icon Laborwerte (21KB)
Laborwerte Fall 3