Fallbeispiel 1
Autor: Jan-Henning Klusmann, erstellt 19.02.2004, Redaktion: Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 02.12.2013
Inhaltsverzeichnis
Anamnese
Sechs Monate alter männlicher Säugling ohne wesentliche Erkrankungen in der Vorgeschichte, Impftermine und Vorsorgeuntersuchungen waren regelmäßig erfolgt.
Laut Angaben der Eltern war das Kind seit 2 Tagen vermehrt blass, fiebrig und hypoton. Es hatte einmalig einen Teerstuhl abgesetzt. Bei zunehmender Verschlechterung des Allgemeinzustandes erfolgte eine Vorstellung beim diensthabenden Kinderarzt mit umgehender Einweisung in eine Kinderklinik unter dem Verdacht einer Meningitis.
Aufnahmebefund
Bei Beginn der Untersuchung ein Hämatom am linken unteren Thorax, im Verlauf der Primärversorgung zunehmende Hämatome und Sugillationen am gesamten Integument, auftretende Mundschleimhautblutungen sowie anhaltende Blutung an der Venenpunktionsstelle und zweimaliges Absetzten von Teerstuhl. Zunehmende Somnolenz. Mittelgradige Nackensteifigkeit. Insgesamt aschfahles blasses Hautkolorit, Augen haloniert, sehr trockener bis bellender Husten.
Cor |
Herztöne rein und rhythmisch, Tachykardie bei Fieber bis 39,5° C |
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Peripherer Pulsstatus |
regelrecht, gut palpabel |
Pulmo |
seitengleich belüftet, verschärftes Atemgeräusch |
Abdomen |
adipös, weich, keine Abwehrspannung, lebhafte Peristaltik, Leber bis 5 Querfinger unter dem Rippenbogen palpabel, Milz nicht vergrößert |
Männliches Genitale |
unauffällig, beide Hoden im Skrotum tastbar |
Extremitäten |
frei beweglich |
Kommentar 1:
Hinweise auf Leukämie: Blässe, Fieber, Hypotonie, Blutungen (Teerstuhl, Hämatome), Hepatomegalie
Labor |
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Sonographie des Abdomens |
Hepatomegalie, auffällige Struktur im rechten Unterbauch, DD blutgefülltes Colon ascendens |
Sonographie Schädel 23:10 |
Im Bereich anterior des Balkens kugeliges, sehr echogenes, inhomogen angrenzendes Areal von 10x16mm Durchmesser. DD Parenchymblutung |
Echokardiographie (Tag 2, 5:00) |
deutlich dilatierter rechter Ventrikel im Sinne eines Rechtsherzpumpversagens |
Diagnostik
Verlauf
18:00 Aufnahme unter dringendem Verdacht einer Meningokokkensepsis |
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nach Erhalten der notfallmäßig bestimmten Laborparameter |
zusätzlich Gabe von Antithrombin III (500 Einheiten; 45,5 E/kg KG) sowie fresh frozen Plasma (FFP) (200 ml; 18,2 lm/kg KG) |
bei Hyperleukozytose von 134000/µl und einer disseminierten intravasalen Gerinnung |
Diagnose eines leukämischen Krankheitsbildes |
umgehende Kontaktaufnahme mit Spezialklinik und notfallmäßige Verlegung |
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während des Transportes wurden weitere 200 ml FFP verabreicht, unter diesen Maßnahmen stabile Blutdruckwerte während der gesamten Erstversorgung und Verlegung |
Aufnahme in Spezialklinik (Intensivstation) |
schwer beeinträchtigter AZ, Spontanatmung, Tachypnoe, O2-Vorlage, ubiquitär verteilte leukämische Infiltrate am gesamten Integument |
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Laborbefunde |
Stellung der Diagnose: |
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in den ersten 4h rapide Verschlechterung des AZ |
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ab 3.00h |
Adrenalin-Dauerinfusion mit Maximalgeschwindigkeit von 0,6µl/kg/min, jedoch ohne therapeutischen Erfolg |
ab 4.00h |
trotz Pufferung nur eine Stabilisierung des pH-Wertes auf 6,9 und 7,0 |
in den frühen Morgenstunden |
Bradykardien, die nur unzureichend auf Suprarenin ansprechen, mehrfach Herzdruckmassagen zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Herzminutenvolumens notwendig |
schwierige Anlage eines ZVKs, weiterhin konnte aufgrund der instabilen Situation zu keinem Zeitpunkt eine Austauschtransfusion begonnen werden |
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7.30h |
Entschluss keine weitere Intensivierung der Therapie durchzuführen |
8.10h |
unter maximaler Suprareningabe und maximaler respiratorischer Therapie Exitus letalis im Multiorganversagen |
Kommentar 2:
Die Feststellung der Hyperleukozytose in Zusammenhang mit Blutung deuten auf die Diagnose einer Leukämie hin. Bei stark reduziertem AZ sollte eine sofortige Therapieeinleitung erfolgen. Das Kind wurde zügig unter Stabilisierung der Gerinnung und der Vitalparameter in die nächste Spezialklinik verlegt, wo die erforderliche Intensivmedizinische Überwachung und Therapie (Zytoreduktion mittels Thioguanin, ARA-C) eingeleitet wurde. Wegen der kaum möglichen Anlage eines ZVKs war eine Intensivierung der Therapie (z.B. Austausch, Leukapherese, Rasburicase) schlecht durchzuführen.