Strahlentherapie

Autor: Maria Yiallouros, erstellt am: 04.02.2009, Zuletzt geändert: 18.06.2021

Bei weniger als der Hälfte der Patienten folgt im Anschluss an die Chemotherapie eine niedrig dosierte Strahlenbehandlung der vom Tumor betroffenen Körperregionen. Durch die Bestrahlung sollen Lymphomzellen, die die Chemotherapie überlebt haben, sicher beseitigt werden, damit sie nicht den Ausgangspunkt für einen Krankheitsrückfall bilden.

Im Rahmen früherer Therapiepläne wurde eine Bestrahlung prinzipiell bei allen Patienten in fortgeschrittenem Krankheitsstadium und/oder mit einem Befall von Organen außerhalb des lymphatischen Systems (Patienten der Therapiegruppe 2 und 3) durchgeführt. Lediglich bei Patienten mit einem Hodgkin-Lymphom im Frühstadium (Patienten der Therapiegruppe 1) konnte auf eine Strahlentherapie verzichtet werden, wenn zuvor durch die Chemotherapie eine vollständige Tumorrückbildung (Komplettremission) erzielt wurde.

Nach den aktuellen Therapieplänen wird auch bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung das Ansprechen der Erkrankung auf die Chemotherapie bei der Entscheidung für oder gegen eine Strahlentherapie berücksichtigt (siehe auch Kapitel "Behandlungsablauf").

Die Strahlentherapie erfolgt mit energiereichen, elektromagnetischen Strahlen, die von außen durch die Haut auf die betroffene Region eingestrahlt werden. Die Strahlen verursachen Schäden im Erbgut der Zellen. Da Krebszellen ein weniger gut funktionierendes Reparatursystem haben als gesunde Zellen, können sie strahlenbedingte Schäden schlechter beheben, sie sterben ab.

Welche Nebenwirkungen hat die Strahlentherapie und welche Möglichkeiten zur Behandlung und Vorbeugung gibt es?

Die Strahlentherapie schädigt leider nicht nur die bösartigen Zellen. Trotz der sorgfältigen Therapieplanung und -durchführung wird zwangsläufig auch gesundes Gewebe, das sich in unmittelbarer Nähe der bestrahlten Region befindet, in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch kann es zu Nebenwirkungen kommen, die das Wohlbefinden des Patienten beeinträchtigen.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören, je nach Bestrahlungsfeld:

  • Störungen im Magen-Darm-Trakt, Übelkeit und Erbrechen, Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit,
  • im Bereich der Bestrahlung Schwellungen und/oder Hautrötungen bis hin zu sonnenbrandähnlichen Hautveränderungen, Entzündungen der Mundschleimhaut und Mundtrockenheit, Veränderungen oder Verlust der Geschmacksempfindungen und Haarausfall.
  • Eine Bestrahlung kann auch, wie die Chemotherapie, zu einer Verminderung von weißen Blutzellen und Blutplättchen und somit zu einer erhöhten Infektionsgefahr und erhöhtem Blutungsrisiko führen.

Die meisten dieser Symptome lassen sich aber medikamentös behandeln oder lindern und klingen im Allgemeinen mit dem Ende der Therapie wieder ab. Selten entwickeln sich chronische Strahlenentzündungen.

Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit

Ist im Rahmen der Behandlung eines Hodgkin-Lymphoms eine Bestrahlung des Beckens erforderlich, werden die behandelnden Ärzte verschiedene Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um die Strahlendosis auf die Geschlechtsorgane möglichst gering zu halten. Denn Strahlentherapie (sowie Chemotherapie schädigen die Keimzellen (Eizellen beziehungsweise Samenzellen) und beeinträchtigen den Hormonhaushalt und damit die Funktion der Geschlechtsorgane.

  • Bei männlichen Patienten werden die Hoden während einer solchen Bestrahlung durch eine etwa zwei Zentimeter dicke Bleiummantelung, eine so genannte „Hodenkapsel“, geschützt.
  • Bei weiblichen Patienten können vor einer Bestrahlung der Becken- oder Leistenregion die Eierstöcke operativ verlegt werden, entweder hinter die Gebärmutter oder seitlich nach außen, das heißt, aus dem Bestrahlungsfeld hinaus. Da eine solche Verlegung jedoch auch mit Risiken verbunden ist, wird inzwischen die so genannte Clipmarkierung bevorzugt. Dabei werden die Eierstöcke mit einer Art Metallklammer versehen, die den Strahlentherapeuten ermöglicht, die Bewegung und Lage der Eierstöcke täglich unter der Bestrahlung zu überprüfen und das Bestrahlungsfeld so einzustellen, dass diese möglichst außerhalb des Feldes bleiben.

Eine Strahlenschädigung lässt sich allerdings nicht gänzlich vermeiden, da die Strahlen auch innerhalb des Körpers gestreut werden (so genannte Streustrahlung). Daher kann unter Umständen trotz der vorbeugenden Maßnahmen die Funktion der männlichen und weiblichen Keimdrüsen beeinträchtigt sein. Das Ausmaß der Schädigung und die Dauer der Erholung hängen von der verabreichten Strahlendosis sowie von Alter und allgemeiner körperlicher Verfassung des Patienten ab.

Die Hodgkin Lymphom-Studienzentrale empfiehlt jungen Frauen und Mädchen, deren Becken von der Krankheit betroffen ist, vor Beginn der Therapie Eierstockgewebe entnehmen und einfrieren zu lassen, um im Falle einer Eierstockschädigung die Möglichkeiten bei späterem Kinderwunsch zu verbessern. Dies ist auch bei Mädchen vor Beginn der Pubertät möglich. Allerdings sollte eine solche Maßnahme nur im Rahmen von Studien beziehungsweise in zertifizierten Zentren erfolgen (siehe auch Kapitel „Spätfolgen“).

Gut zu wissen: Um den Nebenwirkungen der Strahlentherapie vorzubeugen oder diese zu behandeln, erfolgen unterstützende Behandlungsmaßnahmen. Auch der Patient selbst beziehungsweise seine Angehörigen können zur Linderung strahlenbedingter Folgeerscheinungen beitragen. Tipps hierzu finden Sie in unserem Text "Empfehlungen für zu Hause". Individuelle Empfehlungen erhalten Sie von Ihrem Behandlungsteam.

Eine Strahlenbehandlung kann, abgesehen von Therapie begleitenden Nebenwirkungen, auch mit Spätfolgen (Langzeitfolgen) verbunden sein; sie treten zum Teil erst Jahre nach der Therapie auf. Informationen hierzu finden Sie im Kapitel "Spätfolgen".