Nachrichten 2007
Autor: Anja Bode, erstellt am: 21.07.2009, Zuletzt geändert: 21.07.2009
Initiating and cancer-propagating cells in TEL-AML1-associated childhood leukemia
Hong D, Gupta R, Ancliff P, Atzberger A, Brown J, Soneji S, Green J, Colman S, Piacibello W, Buckle V, Tsuzuki S, Greaves M, Enver T.
Medical Research Council (MRC) Molecular Haematology Unit, Weatherall Institute for Molecular Medicine, John Radcliffe Hospital, University of Oxford, Oxford OX3 9DS, UK.
Understanding cancer pathogenesis requires knowledge of not only the specific contributory genetic mutations but also the cellular framework in which they arise and function. Here we explore the clonal evolution of a form of childhood precursor-B cell acute lymphoblastic leukemia that is characterized by a chromosomal translocation generating a TEL-AML1 fusion gene. We identify a cell compartment in leukemic children that can propagate leukemia when transplanted in mice. By studying a monochorionic twin pair, one preleukemic and one with frank leukemia, we establish the lineal relationship between these "cancer-propagating" cells and the preleukemic cell in which the TEL-AML1 fusion first arises or has functional impact. Analysis of TEL-AML1-transduced cord blood cells suggests that TEL-AML1 functions as a first-hit mutation by endowing this preleukemic cell with altered self-renewal and survival properties.
[PMID: 18202291]
Deutsches Kinderkrebsregister untersucht Häufigkeit von Krebserkrankungen bei
Kindern in der Nähe von Kernkraftwerken - Neue Studie veröffentlicht
Presseerklärung des Deutschen Kinderkrebsregisters vom 10.12.2007
Immer wieder wird der Verdacht geäußert, dass Kinder in der Nähe von Kernkraftwerken häufiger an Krebs erkranken. Eine frühere Studie des Kinderkrebsregisters mit Kindern unter 15 Jahren schien darauf hinzudeuten, dass speziell in den ersten Lebensjahren das Leukämie-Risiko in den betreffenden Gegenden erhöht war.
In diesen Tagen erscheinen zwei wissenschaftliche Veröffentlichungen über eine neue Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz. Das Ergebnis: In Deutschland findet man einen Zusammenhang zwischen der Nähe der Wohnung zu einem Kernkraftwerk und der Häufigkeit, mit der Kinder vor ihrem fünften Geburtstag an Krebs und besonders an Leukämie erkranken. Allerdings erlaubt die Studie keine Aussage darüber, wodurch sich die beobachtete Erhöhung der Anzahl von Kinderkrebsfällen in der Umgebung deutscher Kernkraftwerke erklären lässt. So kommt nach dem heutigen Wissensstand Strahlung, die von Kernkraftwerken im Normalbetrieb ausgeht, als Ursache für die beobachtete Risikoerhöhung nicht in Betracht. Denkbar wäre, dass bis jetzt noch unbekannte Faktoren beteiligt sind oder dass es sich doch um Zufall handelt.
Die KiKK-Studie
Die so genannte KiKK-Studie (Epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken) wurde ab 2003 am Deutschen Kinderkrebsregister am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universität in Mainz durchgeführt. Finanziert wurde sie vom Bundesumweltministerium über das Bundesamt für Strahlenschutz. Dabei verglichen die Wissenschaftler die Daten von Kindern unter fünf Jahren, die in der Umgebung von Kernkraftwerken gelebt hatten, als sie an Krebs erkrankten, mit denen von Kindern aus denselben Regionen, die nicht an Krebs erkrankt waren. Ziel war es herauszufinden, ob die erkrankten Kinder im Durchschnitt näher an den Kraftwerken gewohnt hatten als die nicht erkrankten.
Bereits 1992 und 1997 hat das Deutsche Kinderkrebsregister zwei Studien über Kinderkrebserkrankungen in der Umgebung von Kernkraftwerken veröffentlicht. Dabei wurden Daten von Kindern unter 15 Jahren verwendet. Eine viel diskutierte Einzelbeobachtung der ersten Studie bestand darin, dass bei Kindern unter fünf Jahren die Zahl von Leukämie-Erkrankungen im 5-km-Umkreis von Kernkraftwerken erhöht war. Die KiKK-Studie sollte diese Altersgruppe speziell untersuchen und zwar mit einem anderen methodischen Ansatz in einem verlängerten Beobachtungszeitraum.
Es handelte sich um eine so genannte Fall-Kontroll-Studie. Die Daten der Kinder, die im
Alter unter fünf Jahren an Krebs erkrankt waren und zum Zeitpunkt der Diagnose in der Nähe eines von 16 Kernkraftwerken gewohnt hatten, stammten aus dem Deutschen Kinderkrebsregister (1592 Fälle). Die jetzige Studie umfasst den Zeitraum von 1980-2003, die Daten von über zwei Drittel der Fälle waren bereits in die früheren Studien eingegangen. Zu jedem Fall wurden aus derselben Region so genannte Kontrollen mit demselben Alter und Geschlecht zufällig ausgewählt (insgesamt 4735), die nicht an Krebs erkrankt waren. Für alle wurde der Abstand der Wohnung zum nächstgelegenen Kernkraftwerk mit einer mittleren Genauigkeit von ungefähr 25 Metern ermittelt.
Die wichtigsten Ergebnisse
In Deutschland findet man einen Zusammenhang zwischen der Nähe der Wohnung zu einem Kernkraftwerk und der Häufigkeit, mit der Kinder vor ihrem fünften Geburtstag an Krebs und besonders an Leukämie erkranken: Die erkrankten Kinder lebten im Durchschnitt näher an den Kernkraftwerken als die nicht erkrankten, zufällig ausgewählten Kontrollkinder. Das Ergebnis beruht insbesondere auf den bereits in den vorangegangenen Studien beobachteten, erhöhten Erkrankungszahlen in der 5-km-Umgebung der Kraftwerke. Basierend auf den in der Studie gewählten Modellannahmen wären 29 der 1980-2003 in Deutschland insgesamt aufgetretenen 13373 Krebserkrankungen dem Wohnen innerhalb der 5-km-Zone um ein Kernkraftwerk zuzuschreiben, dies wären 1,2 Fälle pro Jahr. Auf die Untergruppe der Leukämien bezogen wären das 20 der 5893 Leukämieerkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren in ganz Deutschland in der betreffenden Zeit und damit 0,8 Fälle pro Jahr. Der für die gesamten Krebserkrankungen beobachtete Effekt kommt im Wesentlichen durch die Erhöhung des Risikos bei der relativ großen Gruppe der Leukämien zustande. Diese Risikoschätzungen sind allerdings wegen der zugrunde liegenden kleinen Fallzahlen mit einer erheblichen Unsicherheit behaftet. Außerhalb der 5-km-Zone fanden sich keine erhöhten Erkrankungshäufigkeiten.
Nach dem heutigen Wissensstand kommt Strahlung, die von Kernkraftwerken im Normalbetrieb ausgeht, als Ursache für die beobachtete Risikoerhöhung nicht in Betracht. Jeder Mensch ist in Deutschland einer natürlichen radioaktiven Strahlung von durchschnittlich etwa 1,4 mSv pro Jahr ausgesetzt. Demgegenüber ist die Belastung in der Nähe deutscher Kernkraftwerke um einen Faktor von 1000 bis 100000 niedriger.
Vielen dürfte bekannt sein, dass in der Nähe des Kernkraftwerks Krümmel eine unerwartet große Anzahl von Kindern an Leukämie erkrankt. Diese Daten haben das Ergebnis der Studie zwar beeinflusst. Aber auch ohne sie findet man noch eine Erhöhung des Erkrankungsrisikos für die Gesamtheit aller übrigen Kernkraftwerke.
Fazit der Wissenschaftler
Das Deutsche Kinderkrebsregister ist angesiedelt am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik an der Universität Mainz. Direktorin des Instituts ist Prof. Maria Blettner. Als Mitautorin der KiKK-Studie stellt sie fest: „Die Ergebnisse überraschen uns einerseits, weil auf Grund des allgemeinen strahlenbiologischen Kenntnisstandes die von uns festgestellte Erhöhung des Krebsrisikos bei Kindern nicht erklärbar ist und auch keine anderen möglichen Ursachen bekannt sind. Andererseits waren die Ergebnisse insofern zu erwarten, als in die neue Studie zu etwa zwei Dritteln erkrankte Kinder eingegangen sind, die schon in unseren früheren Untersuchungen verwendet wurden und Anlass für die Durchführung der jetzigen Studie waren.“ Leider erlaubt die KiKK-Studie keine Aussage darüber, wodurch sich die beobachtete
Erhöhung der Anzahl von Kinderkrebsfällen in der Umgebung deutscher Kernkraftwerke erklären lässt. Denkbar wäre, dass bis jetzt noch unbekannte Faktoren beteiligt sind oder dass es sich doch um Zufall handelt.
Literatur
Die Ergebnisse sind in zwei wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert (beide voraussichtlich ab 10.12.2007 im Internet verfügbar):
Kaatsch P, Spix C, Schulze-Rath R, Schmiedel S, Blettner M. Leukaemia in young
children living in the vicinity of German nuclear power plants. Int J Cancer (2007), doi:10.1002/ijc.23330.
Spix C, Schmiedel S, Kaatsch P, Schulze-Rath R, Blettner M. Case-Control Study on
Childhood Cancer in the Vicinity of Nuclear Power Plants in Germany 1980-2003. Eur J Cancer (2007), doi :10.1016/j.ejca.2007.10.024. 2007.
Das Deutsche Kinderkrebsregister
Im Deutschen Kinderkrebsregister in Mainz werden seit 1980 (aus den neuen Bundesländern seit 1991) alle bei unter 15-Jährigen auftretenden Krebserkrankungen (Leukämien und bösartigen Tumoren) registriert. Es wurde 1980 von Professor Jörg Michaelis gegründet und wird geleitet von Dr. Peter Kaatsch. Angesiedelt ist das Deutsche Kinderkrebsregister am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (Direktorin Professor Maria Blettner) an der Universität Mainz. Es wird zu je zu einem Drittel finanziert durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz, das Bundesministerium für Gesundheit sowie anteilig von allen Bundesländern.
Kontakt
Dr. Peter Kaatsch
(Leiter des Deutschen Kinderkrebsregisters)
Dt. Kinderkrebsregister am IMBEI
55101 Mainz
Tel. 06131 / 17-3111
kinderkrebsregister@imbei.uni-mainz.de
Homepage: www.kinderkrebsregister.de
Prof. Dr. Maria Blettner
(Direktorin des IMBEI)
Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI)
Universität Mainz
55101 Mainz
Tel. 06131 / 17-3252
blettner-sekretariat@imbei.uni-mainz.de
Kinderkrebsrisiko in der nahen Umgebung von Kernkraftwerken - BfS-Präsident König stellt die Ergebnisse vor
Pressemitteilung des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 10.12.2007
Das Risiko für Kinder unter 5 Jahren, an Leukämie zu erkranken, nimmt zu, je näher ihr Wohnort an einem Kernkraftwerk liegt. Das ist das Ergebnis einer Studie des Kinderkrebsregisters in Mainz (DKKR) unter Leitung von Professorin Maria Blettner im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). BfS-Präsident Wolfram König: "Das Ergebnis der Studie ist belastbar. Es ist nach bisheriger Prüfung kein Fehler bzw.
Irrtum bei der Entwicklung des Studiendesigns noch bei der Gewinnung und Analyse der Daten erkennbar, der den beobachteten Effekt erklären könnte."
Die Studie stellt den entscheidenden Fortschritt bei der Beantwortung der seit etwa 30 Jahren diskutierten Frage nach gesundheitlichen Effekten in der Umgebung von Reaktoren dar, da hier ein neuer, epidemiologisch anspruchsvollerer Ansatz als bisher angewandt wurde.
Die Studie umfasste 1.592 an einem Krebs erkrankte Kinder und 4.735 nicht erkrankte Kinder (so genannte Kontrollen, die in den Lebensumständen den erkrankten Kindern möglichst gleichen) unter 5 Jahren. Untersucht wurden dabei 41 Landkreise in der Umgebung der 16 Standorte der insgesamt 22 Kernkraftwerke in Deutschland. Das Risiko, an einem Tumor oder Leukämie zu erkranken, stieg dabei statistisch signifikant mit der Nähe des Wohnortes zu einem Reaktor an. Dieser Befund ist hauptsächlich auf Leukämien bei den unter 5 Jahre alten Kindern zurückzuführen.
Die vorgelegte Studie ist die dritte in einer Reihe entsprechender Untersuchungen des Kinderkrebsregisters. Sie hebt sich aber von den zwei Vorläuferstudien in der Aussagequalität entscheidend ab. "Der bedeutsame Fortschritt der von uns in Auftrag gegebenen Untersuchung ist der, dass hier das erste Mal nicht nur Erkrankungshäufigkeiten in bestimmten Regionen miteinander verglichen wurden", so BfS-Präsident König. "Erstmals konnten in einer so genannte Fall-Kontroll-Studie exakte Angaben zur Entfernung eines Wohnortes von einem Reaktor, und zwar sowohl für erkrankte als auch für nicht erkrankte Kinder, berücksichtigt werden."
"Das Ergebnis passt zu ähnlichen Untersuchungen, die weltweit durchgeführt werden", so König weiter. In einer so genannte Metaanalyse, in der bisherige ökologische Studien zum Auftreten von Krebs im Kindesalter in der Umgebung von Kernkraftwerken zusammengefasst und ausgewertet wurden, war 2007 ebenfalls ein solcher Zusammenhang festgestellt worden. BfS-Präsident König: "Überraschend ist jedoch, dass nachweislich, das Risiko für Kinder, an Leukämie zu erkranken, umso größer ist, je näher sie am Reaktor wohnen."
Das BfS hat die Studie durch ein 12köpfiges externes Expertengremium begleiten lassen, das gestern und heute - teils mit dem Auftragnehmer
- getagt hat. Die Experten teilen alle wesentlichen Ergebnisse der Studie. Damit besteht Übereinstimmung zwischen dem Auftragnehmer, dem BfS und den eingesetzten Experten über alle zentralen beauftragten Teile der Studie.
Auch nach Auffassung der Experten entspricht das Studien-Design dem Stand der Wissenschaft. Die Studie sei derzeit weltweit die methodisch aufwändigste und umfassendste Untersuchung. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Wohnnähe und Erkrankungsrisiko ist damit für Deutschland eindeutig beantwortet.
Das Expertengremium hat auch zu den Aussagen des Abschlussberichts der KiKK-Studie Stellung genommen, die nicht Gegenstand des Auftrags waren. Jenseits des Auftrags seien sinnvoller weise durch das DKKR Auswertungen vorgenommen worden, wobei die Art der Berechnungen nicht in vollem Umfang geteilt wird.
Insbesondere haben sich die Experten mit den Krebserkrankungen im Bereich jenseits des 5 km-Umkreises befasst. Betrachtet man einen Umkreis von 50km um die Standorte der Kernkraftwerke, müsse von mindestens 121-275 zusätzlichen Neuerkrankungen im gleichen Zeitraum ausgegangen werden. Dies entspreche bis zu 18 % aller im 50 km Umkreis um Kernkraftwerke aufgetretenen Krebserkrankungen bei unter 5jährigen Kindern.
Das BfS ist der Auffassung, dass angesichts des überraschend eindeutigen Zusammenhangs zwischen der Häufigkeit der Leukämieerkrankungen und der Nähe des Wohnortes zum Atomkraftwerk zusätzliche Auswertungen jenseits des Auftrags sinnvoll sind.
Insbesondere muss stärker als in der Vergangenheit der Bereich jenseits der 5km-Zone um die Standorte der Kraftwerke betrachtet werden.
Eine solche Auswertung, jenseits von 5km, halten auch die Autoren der Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters für sinnvoll und möglich.
Für Diskussionen sorgte bei dem externen Expertengremium die Frage der Ursachen für die erhöhten Leukämiefälle.
Das BfS ist sich mit der Auftragnehmerin und dem Expertengremium einig, dass diese Studie zur Kausalität der Erkrankungen keine Aussagen machen kann
Trotzdem enthält die Studie die Aussage dass "... aufgrund des aktuellen strahlenbiologischen und strahlenepidemiologischen Wissens die von deutschen Kernkraftwerken im Normalbetrieb emittierte ionisierende Strahlung grundsätzlich nicht als Ursache interpretiert werden kann."
Im Gegensatz zu den Autoren ist das externe Expertengremium der Überzeugung, dass dieser Zusammenhang keinesfalls ausgeschlossen werden könne. Sie begründen dies mit dem besonders hohen Strahlenrisiko für Kleinkinder sowie dem unzureichenden Wissen über die Wirkung der in den Körper aufgenommenen Radionuklide.
Hierzu der Präsident des BfS: "Nach Überprüfung durch mein Haus kann ein kausaler Zusammenhang zwischen den erhöhten Leukämieerkrankungen und den tatsächlichen radioaktiven Emissionen aus den Reaktoren alleine derzeit nicht nachgewiesen werden. Auch andere mögliche Risikofaktoren, die im Zusammenhang mit kindlichen Leukämien in Betracht zu ziehen sind, können jeweils den entfernungsabhängigen Risikoanstieg nicht erklären."
Der ausführliche Abschlussbericht der Studie wurde jetzt dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übergeben und ist ebenso wie ein Hintergrundpapier auf der Homepage des BfS unter www.bfs.de zu finden.