Krankheitstadien und Therapielevel
Autor: Maria Yiallouros, erstellt am: 25.07.2016, Zuletzt geändert: 17.06.2021
Inhaltsverzeichnis
Für die Behandlungsplanung und die Abschätzung der Therapieaussichten ist die Ausbreitung der Erkrankung im Körper, also das Krankheitsstadium des Patienten, von entscheidender Bedeutung. Durch die exakte Bestimmung des Krankheitsstadiums (Stadieneinteilung des Morbus Hodgkin) erhalten die Ärzte Hinweise darauf, wie der Patient auf eine bestimmte Behandlungsmethode ansprechen wird und wie hoch das Risiko eines Krankheitsrückfalls nach einer Behandlung ist.
Das Krankheitsstadium wird in erster Linie danach festgelegt, wie weit sich das Hodgkin-Lymphom zum Zeitpunkt der Diagnose im Körper ausgebreitet hat: Wichtig sind dabei Ort und Anzahl der befallenen Lymphknotenregionen. Darüber hinaus wird auch berücksichtigt, ob Organe und Gewebe außerhalb des lymphatischen Systems befallen sind.
Je nach Ausbreitung der Erkrankung werden vier Haupt-Krankheitsstadien unterschieden (Stadien I-IV, siehe Tabelle im Anschluss). Diese werden unter Berücksichtigung weiterer Kriterien noch genauer definiert (siehe hierzu Abschnitt "Ergänzende Stadien-Definitionen").
Einteilung des Hodgkin-Lymphoms in vier Haupt-Krankheitsstadien
Der Morbus-Hodgkin wird nach der aktualisierten Ann-Arbor-Klassifikation in vier Haupt-Krankheitsstadien (I-IV) eingeteilt.
Krankheitsstadien |
Definition |
---|---|
Stadium I |
Befall einer einzelnen Lymphknotenregion (Stadium I) |
Stadium II |
Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (Stadium II) |
Stadium III |
Befall von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (Stadium III) |
Stadium IV |
Ausgedehnter Befall von einem oder mehreren nicht-lymphatischen Organen oder Geweben (zum Beispiel Lunge, Leber, Knochen, Knochenmark) mit oder ohne Befall von (entfernten) Lymphknoten |
Je weiter die Erkrankung fortgeschritten ist, umso intensiver muss in der Regel die Therapie sein, um ein gutes Behandlungsergebnis zu erzielen.
Ergänzende Stadien-Definitionen
Die Stadieneinteilung berücksichtigt weitere Faktoren, die von prognostischer Bedeutung sind. Dazu zählen das Vorhandensein (oder Nicht-Vorhandensein) von so genannten E-Stadien und B-Symptomen, die Größe der Einzeltumoren (Tumormasse) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit. Erläuterungen zu diesen Prognosefaktoren finden Sie im Anschluss.
Generell gilt, dass das Vorliegen von E-Stadien und/oder B-Symptomen, eine über eine bestimmte Größe hinausgehende zusammenhängende Tumormasse (Bulk) oder eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit den Verlauf der Erkrankung ungünstig beeinflussen. Patienten, die davon betroffen sind, müssen aus diesem Grund intensiver behandelt werden als Patienten ohne diese Risikofaktoren.
E-Stadien
Im Rahmen der Stadieneinteilung wird überprüft, ob – abgesehen von Lymphknotenregionen – Organe oder Gewebe außerhalb des lymphatischen Systems befallen sind.
Ein solcher „extranodaler Befall“ wird als E-Stadium bezeichnet, wenn sich – ausgehend von der (oder den) befallenen Lymphknotenregion(en) – das Lymphom auf ein einzelnes, benachbartes nicht-lymphatisches Organ oder Gewebe ausgebreitet hat (so genannter Durchwanderungsbefall).
Beispiele sind das Einwachsen eines Lymphoms in die Brustwand, das Brustfell, den Herzbeutel, die Lunge oder in den Knochen. Ist dies der Fall, wird dem Stadium der Buchstabe E angehängt (zum Beispiel IE, IIE, IIIE). Im Stadium III kann auch ein Befall der Milz vorliegen. Dies wird durch das Kürzel S (für engl.: spleen) angezeigt (IIIS oder IIIES).
Wichtig: Von E-Stadien wird nur bei den ersten drei Krankheitsstadien gesprochen. Sobald ein Befall von ein oder mehreren Organen vorliegt, die nicht in direkter Nachbarschaft zu betroffenen Lymphknoten liegen (die Ausbreitung der Erkrankung erfolgte in diesem Fall über den Blutweg), liegt das Krankheitsstadium IV vor. Auch ein Leberbefall bedeutet immer Stadium IV (siehe oben).
Das Auftreten von B-Symptomen (A- und B-Kategorien)
Jedes der vier oben genannten Krankheitsstadien (I-IV) wird in A- oder B-Kategorien unterteilt:
A: bei Fehlen von Allgemeinsymptomen
B: bei folgenden Allgemeinsymptomen (B-Symptomen):
- unerklärlicher Gewichtsverlust von mehr als 10 % innerhalb von sechs Monaten und/oder
- andauerndes oder wiederholt auftretendes Fieber (über 38°C) unklarer Ursache und/oder
- starker Nachtschweiß (zum Beispiel nasses Haar, durchnässter Pyjama)
Liegen B-Symptome vor, wird an das jeweilige Krankheitsstadium ein B angehängt, ansonsten ein A (zum Beispiel IB oder IA).
Tumormasse (Bulk)
Der Begriff Bulk (engl. für Masse, große Menge) wird verwendet, wenn die größte zusammenhängend befallene Lymphknotenregion (Tumormasse) im Körper ein Volumen von 200 ml erreicht hat oder dieses überschreitet.
Blutsenkungsgeschwindigkeit (ESR)
Im Rahmen der Therapieplanung wird zusätzlich zu den oben genannten Faktoren auch die Blutsenkungsgeschwindigkeit (auch Erythrozytensedimentationsrate, kurz ESR) berücksichtigt. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit kann bei bösartigen Erkrankungen erhöht sein. Bei Patienten mit einem Morbus Hodgkin gilt ein ESR-Wert von 30 mm oder höher als Risikofaktor, der in die Behandlungsplanung mit einfließen muss.
Wie erfolgt die Zuordnung der Patienten zu verschiedenen Therapiegruppen / -leveln?
Generell gilt: Anhand der Stadieneinteilung werden die Patienten – unter Berücksichtigung aller weiteren Prognosefaktoren – einer von drei verschiedenen Therapiegruppen / Therapieleveln zugeordnet (für frühe, mittlere und fortgeschrittene Erkrankungsfälle). In den verschiedenen Therapiegruppen ist die Behandlung unterschiedlich intensiv.
Im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie EuroNet-PHL-C2 (Patientenaufnahme seit dem 30.09.2020 beendet) wurde die Einteilung wie folgt vorgenommen:
Therapielevel |
Stadien-Beschreibung |
---|---|
TL-1 |
Stadium IA / IB / IIA ohne weitere Risikofaktoren |
TL-2 |
Stadium IA / IB / IIA mit folgenden Risikofaktoren: fehlender ESR-Wert oder ESR ab 30, Bulk |
TL-3 |
Stadium IIBE |