Ursachen: Wie entstehen sekundäre (reaktive) Thrombozytosen?

Eine sekundäre Thrombozytose tritt als Reaktion auf verschiedene Prozesse im Körper auf. Sie wird daher auch reaktive Thrombozytose genannt. Zu den Auslösern einer reaktiven Thrombozytose gehören bei Kindern und Jugendlichen insbesondere:

  • Infektionen
  • chronisch entzündliche Erkrankungen
  • Gewebsverletzungen
  • bestimmte Formen der Blutarmut

Bei allen diesen Prozessen werden Botenstoffe (Zytokine) ausgeschüttet, die unter anderem die Bildung von Blutplättchen im Knochenmark anregen. Der Botenstoff, der hauptsächlich für die Bildung und Reifung von Blutplättchen verantwortlich ist, ist das Thrombopoietin (TPO).

Infektionen

Infektionen, die bei Kindern und Jugendlichen häufig mit einer Thrombozytose einhergehen, sind beispielsweise:

  • Lungenentzündung (Pneumonie)
  • Hirnhautentzündung (Meningitis)
  • Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis), Nierenzündung (Nephritis)
  • Gelenkentzündung (septische Arthritis)
  • Knochenentzündung (Osteomyelitis)
  • Magen-Darm-Infekt (Gastroenteritis)
  • Bakterien im Blutkreislauf (Sepsis)

Bei schweren Infektionen kommt es oft zunächst zu einem erhöhten Thrombozytenverbrauch. Die Thrombozytose erfolgt erst später. Sie ist eine Reaktion des Knochenmarks auf den vorübergehenden Blutplättchenmangel.

Dieser Anstieg der Plättchen über das normale Maß hinaus, das so genannte „Rebound“-Phämomen, wird besonders bei Neugeborenen und Säuglingen beobachtet. Dieses „Rebound“-Phänomen kommt ebenso nach übermäßigem Thrombozytenverbrauch im Rahmen bestimmter Erkrankungen des körpereigenen Abwehrsystems (Autoimmunkrankheiten), wie beispielsweise nach einer Idiopathischen Thrombozytopenie (ITP) vor. Auch nach einer Chemotherapie, also in Folge von Behandlungen, die mit einer zeitweiligen Unterdrückung der Blutbildung im Knochenmark einhergehen, kann es entsprechend zu einer vorübergehend überschießenden Thromobozytenbildung kommen.

Bei bestimmten Erkrankungen/Verletzungen wird die Anzahl der Blutplättchen erhöht. Dafür sorgen „Botenstoffe“/Zytokine.

Chronisch entzündliche Erkrankungen

Ähnlich wie bei akuten Infektionen (siehe oben) kommt die Thrombozytenerhöhung auch bei chronisch entzündlichen Erkrankungen vor. Auch hier sind Zytokine die Verursacher der vermehrten Thrombozytenproduktion. Zu diesen Erkrankungen gehören unter anderem

Bestimmte Formen der Blutarmut (Anämien)

Es gibt zahlreiche Erkrankungen der roten Blutkörperchen (Anämien), bei denen der Sauerstofftransport im Blut schwer gestört ist. In der Folge kommt es langfristig zu einer Unterversorgung von Geweben und Organen mit Sauerstoff. Ein solcher chronischer Sauerstoffmangel verursacht wiederum eine Freisetzung von Zytokinen und dadurch eine Thrombozytose, die langfristig bestehen kann. Anämien bei Kindern und Jugendlichen, die mit einer Thrombozytose einhergehen können, sind beispielsweise:

  • hämolytische Anämie
  • Sichelzellkrankheit
  • Thalassämie.

Nicht selten tritt eine Thrombozytose auch im Rahmen einer ausgeprägten Eisenmangelanämie auf. Der zugrunde liegende Mechanismus ist jedoch noch unklar.

Seltene Ursachen für sekundäre Thrombozytosen

Es gibt auch sekundäre Thrombozytosen als Reaktionen auf verschiedene seltene Erkrankungen und Medikamente, für die der Mechanismus der Thrombozytenerhöhung ebenfalls noch nicht vollständig geklärt ist.

Hierzu zählen:

  • die Therapie mit bestimmten Blutverdünnern (niedermolekulares Heparin)
  • Behandlung von Neugeborenen mit bestimmten Wachstumsfaktoren (G-CSF, Granulozyten-Kolonien stimulierender Faktor)
  • familiäre Kälteurticaria (erbliche Erkrankung mit u.a. Fieber, Hautausschlag oder Gelenkschmerzen)
  • Caffey-Syndrom (Skeletterkrankung)
  • Sekundäre Thrombozytose nach Milzentfernung

Neben einer vermehrten Produktion der Thrombozyten im Knochenmark (siehe oben), kann auch ein verminderter Abbau von Blutplättchen (sie haben im Durchschnitt eine Lebensdauer von 12 Tagen und werden in der Milz abgebaut) eine sekundäre Thrombozytose verursachen. Dazu kommt es vor allem nach einer Entfernung der Milz (zum Beispiel im Rahmen der Behandlung einer Kugelzellanämie oder Sichelzellkrankheit) oder nach Unfällen mit Milzverletzungen.

Die Milz ist ein Organ im linken Oberbauch und unter anderem für den Abbau von Blutzellen verantwortlich. Daher kommt es nach dem kompletten oder teilweisen Ausfall der Milzfunktion zunächst zu einem starken Anstieg der Thrombozytenzahlen, die sich allerdings längerfristig in der Regel wieder von selbst normalisieren.