Chronische Spender-gegen-Empfänger-Reaktion(cGvHD)
Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, Freigabe: PD Dr. med. S. Voigt, Zuletzt geändert: 21.11.2017
Als chronische Spender-gegen-Empfänger-Reaktion(chronic Graft-versus-Host-Disease, cGvHD) bezeichnet man eine Reaktion, die zu einem späteren Zeitpunkt, also nach Tag +100 nach SZT auftritt. Die chronische GvHD kann sich direkt aus einer akuten GvHD entwickeln. Sie kann aber auch im Anschluss an eine beschwerdefreie Phase nach der akuten GvHD oder sogar ohne eine vorangegangene akute GvHD entstehen.
Zu einer chronischen GvHD kommt es dann, wenn sich die Spenderzellen nicht an das Empfängergewebe gewöhnen, der immunologische Lernprozess also nicht gelingt und damit die erwünschte Immuntoleranznicht erreicht wird. Diese Komplikation ist umso wahrscheinlicher, je weniger nahe der Spender dem Empfänger bezüglich seiner Gewebemerkmale steht.
Symptome
Die chronische GvHD ist ein eigenes Krankheitsbild. Sie gleicht in vielerlei Hinsicht einer Abwehrschwächekrankheit (Immundefekt), in anderer Hinsicht aber auch Krankheiten, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper wendet, wie es bei den sogenannten Autoimmunkrankheiten der Fall ist.
Häufig betroffene Organe sind die Haut, die Augen, die Mundschleimhaut, die Speicheldrüsen, der Darm, die Leber und die Lunge. Die Krankheit kann lokal begrenzt sein (zum Beispiel auf Haut, Schleimhäute, Bindehäute) und die Lebensqualität des Patienten entsprechend beeinträchtigen. Sie kann aber auch auf systemische Weise gleich mehrere Organsysteme betreffen und damit zu einer schweren, lebensbedrohlichen Komplikation werden.
Am häufigsten führt die chronische GvHD zu Hautveränderungen (zum Beispiel mit Rötung, Trockenheit, Juckreiz, Veränderung der Hautfarbe, Hautverhärtung) sowie zu ausgeprägter Trockenheit von Mundschleimhaut und Bindehaut der Augen. Die Mundschleimhaut ist dann sehr empfindlich gegenüber Säuren und scharfen Gewürzen; außerdem kommt es häufiger zu Karies und Parodontose, denn unser Speichel hat eine wichtige Schutzfunktion gegenüber bakteriellen Schäden.
Ist der Darm betroffen, kann es, wie bei einer akuten GvHD, zu Übelkeit, Erbrechen, schmerzhaften Durchfällen und infolgedessen zu einer verminderten Nährstoffaufnahme und Gewichtsverlust kommen. Eine Leberbeteiligung zeigt sich durch steigende Leberwerte und zum Teil Gelbsucht. Eine chronische GvHD der Lunge führt zu entzündlichen Veränderungen des Lungengewebes und kann sich durch Reizhusten und Atemnot bemerkbar machen. Auch Muskel- und Gelenkbeschwerden kommen vor.
Häufigkeit und Schweregrad
Auch bei der chronischen GvHD werden verschiedene Schweregrade unterschieden, früher nur zwei, inzwischen meist drei (I-III) (siehe auch oben). Die Erkrankung kann „subklinisch“ sein, das heißt, sie ist noch ohne Symptome, lässt sich aber feingeweblich nachweisen. Bei einer begrenzten (limitierten) cGvHD ist die Haut lokal befallen oder es liegt eine milde Funktionsstörung eines anderen Organs vor. Sind mehrere Organe bzw. Organsysteme oder die Lunge betroffen, sprechen die Experten von einer ausgedehnten (extensiven) cGvHD. Bei etwa 10-15 % aller Patienten im Kindesalter kommt es zu einer schwereren chronischen GvHD.
Gut zu wissen: Da die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer chronischen GvHD größer ist, wenn ihr eine akute GvHD vorausgeht, wird das Behandlungsteam besonderes Augenmerk darauf legen, der Krankheit von vornherein durch entsprechende vorbeugende und behandelnde Maßnahmen entgegenzuwirken.