Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (GvHD)

Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, Redaktion: Julia Dobke, Freigabe: PD Dr. med. S. Voigt, Zuletzt geändert: 21.11.2017

Die Spender-gegen-Empfänger-Reaktion(englisch: "Graft-versus-Host-Disease", "GvHD") ist eine Komplikation, die speziell bei der allogenen Blutstammzelltransplantation [allogene Stammzelltransplantation] auftritt.

Die Spender-gegen-Empfänger-Reaktion stellt eine genaue Umkehrung der zum Beispiel aus der Organtransplantation bekannten Abstoßungsreaktion dar. Denn während sich bei der Transplantatabstoßung die Immunabwehr des Empfängers gegen Zellen des Spenders richtet (Empfänger-gegen-Transplantat-Reaktion oder Empfänger-gegen-Spender-Reaktion), greifen im umgekehrten Fall – also bei der Spender-gegen-Empfänger-Reaktion – die Immunzellen (die T-Lymphozyten) des Spenders den Körper des Empfängers an.

Auch wenn die entscheidenden Gewebemerkmale von Spender und Empfänger übereinstimmen (das ist in der Regel die Grundvoraussetzung für eine allogene SZT, unterscheidet sich das „neue“ Knochenmark in manchen Eigenschaften von dem des Patienten. Die Abwehrzellen des Spenders, die im Transplantat enthalten sind, können daher einige Gewebemerkmale des Empfängers als "fremd" erkennen und versuchen, sie wie eingedrungene Fremdstoffe (Antigene) zu vernichten.

Da es sich bei dem Gewebe des Patienten aber nicht um Antigene handelt, die durch die Abwehrzellen des Spenders - wie bei einer normalen Immunantwort - beseitigt werden können, muss das Transplantat "lernen", sich an seine neue Umgebung zu "gewöhnen" und sie anzunehmen. Die Experten sprechen auch von Immuntoleranz. Solange sich diese Immuntoleranz noch nicht entwickelt hat, liegt unterschwellig eine Spender-gegen-Empfänger-Reaktion vor. Wird diese klinisch auffällig, das heißt, der Patient wird krank, spricht man von einer Spender-gegen-Empfänger-Erkrankung. Häufig werden die beiden Begriffe allerdings gleichwertig verwendet.

Die Spender-gegen-Empfänger-Reaktion beginnt häufig zeitgleich mit dem "Anwachsen" des Transplantats beim Empfänger, also mit der Regeneration des Knochenmarks nach der Transplantation. Sie macht sich zunächst typischerweise durch eine Rötung der Haut bemerkbar und kann im weiteren Verlauf zu Schädigungen der Darmschleimhaut und der Leber führen.

Die Krankheit kann, wenn sie unbehandelt bleibt, ein lebensbedrohliches Ausmaß annehmen. Aus diesem Grund wird im Rahmen einer allogenen SZT immer eine vorbeugende Behandlung (GvH-Prophylaxe) durchgeführt. Diese Prophylaxe kann zwar in der Regel das Auftreten einer Spender-gegen-Empfänger-Reaktion nicht verhindern, jedoch deren Schweregrad deutlich vermindern (siehe unten).

Gut zu wissen: Es gibt eine akute und eine chronische Form der Spender-gegen-Empfänger-Erkrankung (GvHD). Als Unterscheidungskriterium dient in erster Linie der Zeitpunkt, zu dem die Reaktion stattfindet: Eine GvHD bis 100 Tage nach der Transplantation ist definitionsgemäß „akut“, anschließend „chronisch“.