Allogene Blutstammzelltransplantation

Autor: PD Dr. med. G. Tallen, Freigabe: Dr. med. J-S. Kühl, PD Dr. med. S. Voigt, Zuletzt geändert: 01.08.2017

Bei der allogenen Blutstammzelltransplantation [ allogene Stammzelltransplantation] erhält der Patient Blutstammzellen von einem anderen Menschen ("allo-" ist eine griechische Silbe und bedeutet "anders" oder "fremd"). Es kann sich dabei um einen Verwandten, meist ein passendes Geschwisterkind, oder um einen freiwilligen, unverwandten Spender handeln (umgangssprachlich wird auch von Familienspender- beziehungsweise „Fremdspender“-Transplantation gesprochen) [OTT1999].

Entscheidend ist, dass der Spender mit dem Patienten bezüglich bestimmter Gewebemerkmale auf der Oberfläche der weißen Blutzellen, den sogenannten HLA-Merkmalen (englische Abkürzung für: "human leukocyte antigens"), hinreichend übereinstimmt. Das ist wichtig:

  1. damit die Gefahr der Transplantatabstoßung (Empfänger-gegen-Transplantat-Reaktion, oder englisch: "Host-versus-Graft" Reaction, HvG) nicht zu groß ist und
  2. damit die Abwehrreaktionen der gespendeten Blutstammzellen gegen den Organismus des Empfängers nicht zu stark ausfallen. Die letztere, potentiell lebensgefährliche Immunreaktion wird als Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (englisch: "Graft-versus-Host Disease", GvHD) bezeichnet.

Die allogene Stammzelltransplantation kommt vorzugsweise bei Krankheiten in Frage, bei denen das Knochenmark direkt von der Grunderkrankung betroffen ist oder bei denen die Zellen, die von Blutstammzellen gebildet werden (beispielsweise rote Blutkörperchen oder Abwehrzellen) nicht richtig funktionieren. In solchen Fällen können keine gesunden eigenen Stammzellen gewonnen und transplantiert werden.

Allogene Stammzelltransplantationen bei Kindern und Jugendlichen können bei folgenden Krankheiten durchgeführt werden:

Für angeborene Erkrankungen mit "defekten" Blutstammzellen entspricht die allogene Stammzelltransplantation einer Art Gentherapie. Die direkte "genetische Korrektur" der eigenen kranken Stammzellen mittels Gentherapie ist für zahlreiche Erkrankungen in der Entwicklung, steht aber aktuell noch nicht zur Verfügung. .

Bei vielen angeborenen Erkrankungen sind passende (HLA-idente), klinisch gesunde Geschwister häufig Merkmalsträger dieser Erkrankung (wie beide Elternteile auch). Das ist für Erkrankungen der Blutbildung wie die Thalassämie oder Sichelzellerkrankung kein Problem. Bei Stoffwechselerkrankungen möchte man aber u.U. 100% der Enzymdosis haben und bevorzugt daher häufig gesunde, unverwandte Spender

Sonderform: Syngene Blutstammzelltransplantation: Unter einer syngenen Blutstammzelltransplantation (SZT) versteht man die Übertragung von Blutstammzellen, deren Spender der eineiige Zwilling des Patienten ist. Da eineiige Zwillinge dieselben Gene haben und damit auch dieselben Gewebemerkmale aufweisen, ist die syngene Stammzelltransplantation somit der sehr seltene Sonderfall einer völlig HLA-identischen allogenen Transplantation. Syngene Transplantationen sind sehr gut verträglich. In den seltensten Fällen erfolgt eine Abstoßung des Transplantats. Für Patienten, die an einer angeborenen Erkrankung des Blutes leiden, kann eine SZT vom syngenen Geschwister jedoch nicht in Frage kommen, da der eineiige Zwilling dieselbe Erkrankung haben muss.