Behandlungsmethoden und Medikamente

Für Patienten, bei denen aufgrund der Schwere der Blutungsneigung eine Behandlung angezeigt ist, hat sich der Einsatz von Substanzen wie Kortikosteroiden und Immunglobulinen zur Beeinflussung des gestörten Abwehrsystems (so genannte Immunmodulatoren) in Deutschland und vielen anderen Ländern bewährt (so genannte Primärtherapie oder First-Line-Therapy). Spricht die Erkrankung jedoch auf diese Behandlung nicht ausreichend an, kommen weitere Medikamente und Behandlungsmethoden in Frage. Im Folgenden werden verschiedene Möglichkeiten der Primär- und Folgetherapie erläutert:

Primärbehandlung: Medikamentöse Beeinflussung des gestörten Abwehrsystems (Immunmodulation)

Medikamente wie Kortikosteroide (z. B. „Prednison“, „Prednisolon“, „Dexamethason“) oder Immunglobuline (z. B. „IVIG“) stehen an erster Stelle für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit ITP. Sie können das gestörte, überreagierende Abwehrsystem bei Patienten mit einer ITP (siehe Ursachen) vorübergehend beruhigend beeinflussen. Sie werden deshalb auch Immunmodulatoren genannt. Die Mechanismen, durch die diese Medikamente wirksam sind, sind noch nicht vollständig erforscht. Bei den meisten Patienten lässt sich mit ihnen ein Anstieg der Thrombozytenzahlen erreichen. In der Folge sinkt das Risiko einer schweren Blutung. Kortikosteroide werden bei Kindern und Jugendlichen mit ITP meist in Tablettenform verabreicht. Entsprechend kann diese Behandlung auch zuhause durchgeführt werden. Immunglobuline werden über eine Vene (intravenös, i.v.) gegeben, so dass jeweils ein Krankenhausaufenthalt notwendig wird. Leider haben Kortikosteroide auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Zuckerkrankheit (so genannter Steroiddiabetes), Stimmungsschwankungen, Blutbildungsstörungen und Gewichtszunahme (Cushing-Syndrom). Immunglobuline können Beschwerden verursachen, die denen einer Grippe ähneln wie beispielsweise Kopf-, Nacken- und Gelenkschmerzen, Fieber und Husten. Zusätzlich kann es zu Funktionsstörungen der Leber und der Nieren kommen. Aufgrund dieser Nebenwirkungen wird der Nutzen einer Behandlung mit Kortikosteroiden und/oder Immunglobulinen für jeden Patienten vorsichtig und individuell abgewogen.

Behandlungsmöglichkeiten, wenn die ITP auf die Primärtherapie nicht anspricht (Folgetherapie)

Steigerung der Blutgerinnung

Medikamente, die die Auflösung von bereits entstandenen Blutgerinnseln hemmen und dadurch die Gerinnung steigern, so genannte Antifibrinolytika wie zum Beispiel Tranexamsäure, werden manchmal zur Behandlung schwerer Blutungen (siehe unten) eingesetzt. Sie können allerdings die Bildung von Gerinnseln in Blutgefäßen (Thrombosen) begünstigen und allergische Reaktionen auslösen. Deshalb werden Antifibrinolytika bei Kindern und Jugendlichen zurückhaltend eingesetzt.

Steigerung der Thrombozytenzahlen durch Thrombozytentransfusionen

Bei einer Transfusion von Blutplättchen erhält der Patient über eine Vene eine bestimmte Menge an Thrombozyten von einem gesunden Spender. Auf diese Weise kann die Thrombozytenzahl bei einem Patienten mit einer lebensbedrohlichen Blutung (siehe Krankheitszeichen) schnell angehoben werden. Transfusionen von Blutbestandteilen gehen mit einem relativ kleinen Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten einher. Darum ist diese Behandlungsmethode als wirksame Sofortmaßnahme Notfällen vorbehalten.

Verringerung des Thrombozytenabbaus durch (Teil-) Entfernung der Milz (Splenektomie oder Teisplenektomie)

Es liegen derzeit noch nicht genügend Daten vor, um abzuschätzen, inwieweit eine Entfernung der Milz (Splenektomie) oder eines Teils der Milz (Teilsplenektomie) einem Kind oder Jugendlichen mit ITP langfristig Vorteile erbringt. Diese operativen Möglichkeiten werden gemäß der britischen und amerikanischen Therapierichtlinien jedoch empfohlen, aber in Deutschland nur gelegentlich bei Patienten mit chronischer ITP (siehe Krankheitsverläufe) in Erwägung gezogen.

Verringerung des Thrombozytenabbaus durch die Gabe von Rituximab

Rituximab ist ein Antikörper gegen einen Bestandteil, das so genannte CD20-Antigen, auf der Oberfläche der weißen Blutzellen. Weiße Blutzellen gehören zum körpereigenen Abwehrsystem und haben die Aufgabe, fremde Zellen und Krankheitserreger zu erkennen und zu beseitigen. Bei einer ITP sind die weißen Blutzellen am gesteigerten und frühzeitigen Abbau der Blutplättchen beteiligt. Beispielsweise erzeugt der Antikörper Rituximab bei weißen Blutkörperchen Funktionsstörungen und kann sogar deren Zerstörung auslösen. In der Folge werden weniger Blutplättchen von den weißen Blutzellen angegriffen und beseitigt, so dass die Thrombozytenzahlen ansteigen und das Blutungsrisiko sinkt. Rituximab hat sich bisher als eine vielversprechende Behandlungsmöglichkeit erwiesen. Sie wurde bei Kindern und Jugendlichen mit ITP bereits erfolgreich eingesetzt und hat dabei insgesamt wenig unerwünschte Nebenwirkungen gezeigt.

Danazol

Danazol ist ein künstlich hergestelltes Kortikosteroid, das bei Patienten mit ITP einen Anstieg der Thrombozytenzahlen erzeugt. Die Erfahrungen mit Danazol bei Kindern und Jugendlichen mit ITP sind noch gering. Daher wird dieses Medikament nicht routinemäßig verabreicht.

Substanzen, die die Leistungen des Abwehrsystems herabsetzen (Immunsuppressiva)

Zu diesen Medikamenten gehören beispielsweise Cyclosporin A, Vincaalcaloide, Cyclophosphamid und Azathioprin. Sie unterdrücken die körpereigene Immunabwehr. In der Folge werden bei einer ITP weniger Blutplättchen beseitigt und die Thrombozytenzahlen steigen an. Diese Medikamente haben allerdings starke unerwünschte Nebenwirkungen. Sie werden daher bei der Behandlung einer ITP nur selten eingesetzt.

Experimentelle Behandlungsansätze

Die derzeitigen Methoden zur Behandlung einer ITP beruhen hauptsächlich auf einer Steigerung der Thrombozytenzahlen durch die Beeinflussung des Abwehrsystems einerseits und durch die Hemmung des Thrombozytenabbaus andererseits. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich die Wissenschaftler aktuell vermehrt auf die Herstellung von neuen Substanzen, die die Produktion der Blutplättchen im Knochenmark anregen.