Behandlung: Wie werden Eisenstoffwechselstörungen behandelt?
Autor: Dr. med. habil. Gesche Tallen, erstellt am: 07.07.2021, Zuletzt geändert: 13.01.2021
Wurde bei Ihrem Kind eine Eisenstoffwechselstörung festgestellt, so sollte es, zumindest anfangs, in einem spezialisierten Behandlungszentrum betreut werden. Dort findet eine Betreuung durch ein Behandlungsteam statt, das aus Ärzten und anderen Mitarbeitern (wie Kinderkrankenschwestern und -pflegern, Sozialarbeitern, Krankengymnasten, Psychologen) besteht, die alle Erfahrung mit der Erkrankung haben. Regelmäßige Vorstellungen in einem solchen Zentrum sorgen dafür, dass der Krankheitsverlauf sorgfältig überwacht wird. Komplikationen können frühzeitig erkannt und unmittelbar von Spezialisten behandelt werden. Die Patienten und ihre Angehörigen erhalten dort auch fachgerechte Antworten auf ihre Fragen, seien sie zum Umgang mit der Erkrankung im Alltag, zu neuen Behandlungsmethoden und aktuellen Forschungsergebnissen oder sozialrechtlichen und psychosozialen Themen.
Behandlung des Eisenmangels
Die Behandlung des Eisenmangels wird auf der Seite näher beschrieben: https://www.kinderblutkrankheiten.de/content/erkrankungen/rote_blutzellen/anaemien_blutarmut/pohblutkrankheiteneisenmangelanaemie20111015/therapie/
Behandlung der Eisenüberladung
Sowohl bei den einzelnen Formen der primären als auch den verschiedenen Ursachen der sekundären Eisenüberladung (siehe „Ursachen“) ist das Hauptziel der Behandlung eine Entleerung der Körpereisenspeicher.
Aufgrund des erhöhten Eisenbedarfs während des Wachstums im Kindes- und Jugendalter ist nur bei wenigen Krankheitsbildern eine eisenentziehende Therapie nötig. Sie kann durch regelmäßige Aderlässe oder durch die Behandlung mit Medikamenten, die Eisen binden und auf diese Weise die Eisenausscheidung möglich machen (so genannte Eisenchelatoren), erfolgen. Letztgenanntes Vorgehen kommt vor allem bei Patienten zum Einsatz, die eine Aderlassbehandlung nicht gut vertragen.
Detaillierte Informationen zu den Behandlungsmaßnahmen bei Eisenüberladung, deren Nebenwirkungen und wie der Eisenstoffwechsel bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen im Verlauf überwacht wird, finden sich hier
Hämochromatosepatienten und ihre Familien sollten wissen:
- eine eisenarme Ernährung hat keinen zusätzlichen Effekt auf das Ergebnis bei Hämochromatosepatienten, die Aderlässe erhalten
- eisenenthaltende Vitaminpräparate und eisenergänzende Nahrungsmittel sollten jedoch vermieden werden
- die Einnahme von Vitamin C sollte nicht mehr als 500 mg täglich betragen
- Alkoholgenuss sollte vermieden werden
- bei schwerem Leberschaden sollten die empfohlenen Termine zur Leberkrebs-Vorsorge (Ultraschalluntersuchung und Bestimmung von Alphafetoprotein im Blut) regelmäßig wahrgenommen werden (betrifft in erster Linie Erwachsene)
- Blutspenden von Hämochromatose-Patienten sind ohne Einschränkung verwendbar: außer bei vorbestehenden üblichen Gegenanzeigen für die Blutspende gibt es für Patienten, bei denen eine Bluttransfusion angezeigt ist, keinen medizinischen Grund dafür, das gespendete Blut von Hämochromatose-Patienten abzulehnen.
Humangenetische Beratung
Laut Gendiagnostikgesetz sind so genannte vorhersagende (prädiktive) Gentests bei nicht einwilligungsfähigen Minderjährigen, zum Beispiel bei Verwandten von Hämochromatosepatienten, die weder gesundheitliche Probleme noch erhöhte Eisenwerte im Blut haben, in Deutschland nicht statthaft. Sobald jedoch, beispielweise aufgrund von bestimmten Symptomen (siehe „Krankheitszeichen“) oder Zeichen der erhöhten Eisenlast (siehe „Diagnose“), eine genetische Diagnose notwendig ist, um die Behandlung zu steuern, darf jeder Arzt nach Aufklärung des Betroffenen und seiner Sorgeberechtigten und Dokumentation dieser Aufklärung einen "diagnostischen Gentest" vornehmen.
Spezielle Behandlungen bei Eisenüberladung
Komplikationen bei Hämochromatose, wie beispielsweise Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Leberfunktionsstörungen, Gelenkbeschwerden, Hormonstörungen, Herzerkrankungen sowie die zugrunde liegenden Erkrankungen bei den sekundären Formen der Eisenüberladung (siehe „Ursachen“) bedürfen zusätzlicher Untersuchungen und Behandlungen durch unterschiedliche Spezialisten wie Endokrinologen, Kardiologen, Rheumatologen und andere mehr. Außerdem sollten Patienten mit Eisenüberladung gegen Hepatitis A und B geimpft werden.
Weitere spezielle Maßnahmen sind bei der folgenden Form der Eisenüberladung angezeigt:
Neugeborenen-Hämochromatose
Bei Neugeborenen mit nachgewiesener neonataler Hämochromatose (siehe „Ursachen“ und „Diagnose“) besteht das Behandlungsziel darin, die Antikörperreaktion der Mutter gegen das Lebergewebe des Kindes unmittelbar nach der Geburt so schnell wie möglich (das heißt: ohne Zeitverzögerung durch Warten auf die Ergebnisse spezieller Blut- oder bildgebender Untersuchungen) zu stoppen, um das Leben des Neugeborenen zu retten. Hierzu erhält das Baby in der Regel intravenöse Gaben von hochdosierten Immunglobulinen („IVIG“) und eine Blutaustauschtransfusion.
Wichtig zu wissen für Mütter von Kindern mit Neugeborenen-Hämochromatose: Das Risiko einer Wiederholung der Antikörperreaktion in der nächsten Schwangerschaft und damit eines Leberversagens beim nächsten Kind beträgt über 90%.
Aus diesem Grund ist bei den betroffenen Frauen bereits während der Schwangerschaft eine Behandlung mit IVIG angezeigt, durch die eine Wiederholung der Immunreaktion beim nächsten Kind zu 90% verhindert werden kann.