Krankheitsbild: Was ist eine ß-Thalassämie?
Autor: Prof. Dr. med. Holger Cario, erstellt am: 06.02.2012, Redaktion: Ingrid Grüneberg, Freigabe: PD Dr. med. Gesche Tallen, Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 05.02.2020
Die ß-Thalassämie ist eine erbliche Erkrankung des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin), die sich auf den ganzen Körper auswirken kann. Der rote Blutfarbstoff ist in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) enthalten. Erythrozyten werden im Knochenmark gebildet. Sobald sie reif sind, gelangen sie ins Blut. Dort haben sie unter anderem die Aufgabe, den lebensnotwendigen Sauerstoff aus den Lungen in alle anderen Körperregionen zu transportieren. Der Sauerstoff ist an den roten Blutfarbstoff, das Hämoglobin, gebunden. Normales Hämoglobin besteht aus zwei Haupt-Eiweißketten, die man nach dem griechischen Alphabet als alpha (α)- und beta (ß)-Ketten bezeichnet. Die Art und Weise, wie sich diese Ketten zusammenlagern, bestimmt die räumliche Struktur des Hämoglobins und ist dafür zuständig, dass das Molekül richtig arbeiten kann. Bei der ß-Thalassämie ist die Produktion der ß-Globinketten reduziert oder fehlt ganz. In der Folge sind die roten Blutkörperchen zahlenmäßig verringert, kleiner als normal und enthalten weniger roten Blutfarbstoff. Die Patienten leiden an den Folgen des Sauerstoffmangels. Deshalb spricht der Arzt von einer mikrozytären (kleinzelligen), hypochromen (mit wenig Farbstoff) Anämie (Blutarmut). Patienten mit schwerer ß-Thalassämie, (Thalassaemia major, siehe „Erkrankungsformen“) benötigen meist lebenslang und regelmäßig Bluttransfusionen.
Anmerkung: Der Begriff „ß-Thalassämie“ stammt aus dem Griechischen: das Wort „thalassa“ bedeutet „Meer“, die Vorsilbe „an“ heißt „ohne“ und „aemia“ ist „Blut“. Die ß-Thalassämie ist auch als „Mittelmeer-Blutarmut (Anämie)“ bekannt. Diese Bezeichnung vermittelt, dass die Erkrankung erstmalig bei Patienten aus dem Mittelmeer-Raum beschrieben wurde. Insbesondere in englischsprachigen Ländern wird die ß-Thalassämie nach dem amerikanischen Kinderarzt Professor Thomas Cooley oft auch „Cooley’s Anämie“ genannt. Cooley beschrieb die gesundheitlichen Probleme, die mit dieser Erkrankung verbunden sind, Mitte der Zwanziger Jahre erstmalig bei Patienten italienischer Abstammung.