Ursachen: Wie entsteht die angeborene Kugelzellenanämie?

Autor: Prof. Dr. med. S. Eber, erstellt am: 27.08.2011, Redaktion: Maria Yiallouros, Freigabe: PD Dr. med. G. Tallen, Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 03.08.2012

Die angeborene Kugelzellenanämie ist eine Erbkrankheit. Sie ist nicht ansteckend und kann auch nicht im Laufe des Lebens erworben werden.

Die Kugelzellenanämie wird durch Fehler (Mutationen) unterschiedlicher Gene verursacht, welche bestimmte Eiweiße wie "Ankyrin", "Bande 3" oder "Spektrin" produzieren, aus denen die Erythrozytenwand aufgebaut ist. Aufgrund dieser krankhaft veränderten Eiweiße besteht eine erhöhte Durchlässigkeit der Erythrozytenwände für Wasser und Salze, die nun leichter in sie hineinströmen können. Daraufhin entstehen aus den normalen Erythrozyten die so genannten Kugelzellen, die von der Milz vermehrt abgebaut werden.

Genetik der Kugelzellenanämie

Es gibt verschiedene Vererbungswege für die genetischen Veränderungen (Mutationen), die zur angeborenen Kugelzellenanämie führen.

  • Bei zwei Drittel der Patienten ist der Vererbungsweg für die Kugelzellenanämie autosomal-dominant. Das bedeutet, dass die Erkrankung bei einem Kind bereits dann auftritt, wenn es die Gendefekte, die bei der Kugelzellenanämie eine Rolle spielen, von nur einem Elternteil geerbt hat. Obwohl es also vom anderen Elternteil auch noch Erbsubstanz für gesunde rote Blutzellen erhalten hat, kommt die Krankheit zum Ausbruch. Das kranke Erbgut "setzt sich durch", ist also "dominant".
  • Bei etwa 15 % der Patienten ist der Erbgang autosomal-rezessiv. Das heißt, das Kind muss die veränderten Gene von beiden Elternteilen erhalten, damit die Krankheit auftritt.
  • Bei etwa 15 % der Kinder mit angeborener Kugelzellenanämie können bei den Eltern keine der genetischen Veränderungen nachgewiesen werden, die sonst typisch für diese Erkrankung sind. Bei diesen Kindern geht man davon aus, dass die Genveränderungen neu aufgetreten sind, es also zu einer so genannten "Neumutation" oder "Spontanmutation" gekommen ist. Eine solche Spontanmutation erfolgt aber noch vor der Geburt, vermutlich bereits in den Eizellen der Mutter. Ein auf diese Weise erkranktes Kind kann die Erkrankung an die nächste Generation weiter vererben. Warum und wie es zu solchen Spontanmutationen kommen kann, ist noch nicht vollständig geklärt.

Abgesehen von Menschen, die an der angeborenen Kugelzellenanämie erkranken, gibt es also auch so genannte Anlagenträger. Sie erkranken zwar nicht, haben aber zum Teil veränderte Gene, die sie an ihre Nachkommen weitergeben können (das gilt zum Beispiel für Krankheitsformen, die rezessiv vererbt werden, siehe oben).

Genetische Beratung

Bei jeder Erbkrankheit besteht das Risiko, dass die Erkrankung oder die Anlage dafür an die Nachkommen weitergegeben wird. Wie hoch dieses Risiko ist, hängt vom jeweiligen Vererbungsweg ab (siehe oben). Bei einer autosomal-dominant vererbten Kugelzellenanämie beispielsweise beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung bei den Nachkommen auftritt, bei jeder Schwangerschaft 50%, bei einer autosomal-rezessiven Kugelzellenanämie 25%.

Allen Menschen, in deren Familie die Kugelzellenanämie schon einmal vorgekommen ist sowie allen Erkrankungsträgern und erkrankten Patienten wird daher empfohlen, bei Kinderwunsch eine genetische Beratung wahrzunehmen. Dort können die Risiken, die sich für das Kind ergeben könnten, bestimmt und besprochen werden, und ebenso auch die Möglichkeiten, die zur Geburt eines gesunden Kindes führen.