Therapie: Wie werden Kinder und Jugendliche mit einer autoimmunhämolytischen Anämie (AIHA) behandelt?

Autor: Dr. med. Joachim Kunz, erstellt am: 28.02.2012, Redaktion: Ingrid Grüneberg, Freigabe: Dr. med. Gesche Tallen, Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 04.06.2013

Die Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit einer autoimmunhämolytischen Anämie (AIHA) hängen besonders von der Art der AIHA (siehe Erkrankungsformen) ab. Sie dienen zum einen der Beeinflussung der gestörten Abwehrreaktionen, die einer AIHA zugrunde liegen (siehe Ursachen). Darüber hinaus muss die Blutarmut (Anämie) eines Patienten mit Bluttransfusionen behandelt werden, wenn dieser gesundheitliche Probleme durch den Mangel an roten Blutkörperchen zeigt (siehe Krankheitszeichen). Bei der AIHA vom Wärmetyp (siehe Erkrankungsformen) werden regelmäßig Bluttransfusionen und auch Behandlungen mit Medikamenten (siehe unten) notwendig. Bei Kindern, bei denen die AIHA durch so genannte Kälteantikörper ausgelöst wurde (siehe Erkrankungsformen), geht es in erster Linie darum, dass die Kinder sich vor Kälteeinwirkung schützen.

Bluttransfusionen (Gabe von Erythrozytenkonzentraten)

Bei der Behandlung einer Blutarmut bestehen Bluttransfusionen aus der Gabe von roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentrat). Der Patient erhält dabei über eine Vene (meist in der Ellenbeuge) gesunde rote Blutkörperchen von einem gesunden Spender. In der Regel werden Bluttransfusionen erst dann verabreicht, wenn ausgeprägte Krankheitszeichen (siehe Krankheitszeichen) vorliegen und wenn der rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) stark unter den Normalwert abfällt. Dieser Normalwert hängt jeweils vom Alter des Kindes ab. Außerdem können die Krankheitszeichen der Blutarmut von Kind zu Kind unterschiedlich sein. Deshalb sollte immer ein Spezialist für Kinderblutkrankheiten (pädiatrischer Hämatologe) entscheiden, ob und wann eine Bluttransfusion bei einem Kind mit AIHA notwendig ist.

Beeinflussung des gestörten Abwehrsystems mit Medikamenten

Die wirksamste und am häufigsten angewendete medikamentöse Behandlung der AIHA vom Wärmetyp (siehe Erkrankungsformen) ist die Gabe von Kortikosteroiden. Spricht die Erkrankung jedoch auf diese Behandlung nicht ausreichend an, kommen weitere Medikamente und Behandlungsmethoden in Frage. Im Folgenden werden die verschiedenen Behandlungen erläutert:

Gabe von Kortikosteroiden

Kortikosteroide (z. B. „Prednison“, „Prednisolon“, „Dexamethason“) sind die Medikamente der ersten Wahl für Kinder und Jugendliche mit einer AIHA vom Wärmetyp. Diese Substanzen wirken, indem sie den Abbau roter Blutkörperchen bremsen. Darüber hinaus können sie auch die Bildung von Abwehrstoffen (Antikörper) gegen die eigenen Eryhtrozyten unterdrücken. Die Einnahme von Kortikosteroiden erfolgt insgesamt meist über mehrere Monate, bevor die Erkrankung erfolgreich behandelt ist und die Medikamentendosis langsam verringert werden kann. Kortikosteroide haben auch unerwünschte Nebenwirkungen. So kann es beispielsweise während und nach der Behandlung mit diesen Arzneimitteln zu Störungen des Zuckerhaushalts (Steroiddiabetes) kommen. Ebenfalls sind Hormonschwankungen möglich, die sich in Wachstums- und Blutbildungsstörungen, Stimmungsschwankungen sowie einer starken Gewichtszunahme, besonders am Rumpf und im Gesicht (Cushing-Syndrom), äußern können. Aufgrund dieser Nebenwirkungen werden in der Regel bestimmte niedrige Dosierungen bei der Behandlung nicht überschritten.

Behandlungsmöglichkeiten, wenn die AIHA auf die Behandlung mit Kortikosteroiden nicht anspricht

Führt die Behandlung mit niedrigen Dosierungen von Kortikosteroiden nicht zum Erfolg, dass heißt, treten schwere Nebenwirkungen der Medikamente (siehe oben) oder Rückfälle der AIHA auf, so werden weitere Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung gezogen. Zu diesen gehören

  • kurzzeitige Gaben von hochdosierten Kortikosteroiden wie Dexamethason oder auch deren Kombination mit anderen Medikamenten, die die Aktivität des Abwehrsystems unterdrücken (z. B. Chemotherapeutika wie Azathioprin und Cyclophosphamid oder Immunsuppressiva wie Rituximab und Cyclosporin)
  • Gabe von Immunglobulinen – dabei handelt es sich um bestimmte Antikörper, die von Blutspendern gewonnen wurden und die den Abbau der roten Blutkörperchen des Patienten verlangsamen können
  • operative Entfernung der Milz zur Verringerung des gesteigerten Abbaus der roten Blutkörperchen