Diagnostik: Wie wird ein primärer Immundefekt diagnostiziert?

Autor: Prof. Dr. med. Volker Wahn, Julia Dobke,, Redaktion: Ingrid Grüneberg, Zuletzt geändert: 13.12.2017

Die Diagnose eines Angeborenen Immundefekts ist nicht immer einfach. Die Erfahrung zeigt: Die unspezifischen Krankheitszeichen, das vielfältige Erscheinungsbild sowie die große Zahl möglicher Ursachen erschweren die korrekte Diagnose. Primäre Immundefekte werden daher häufig erst mit großer zeitlicher Verzögerung erkannt.

Verdacht eines Primären Immundefekts (PID)

Bei den folgenden Warnzeichen sollte an das Vorliegen eines Primären Immundefekts gedacht werden (eine Kombination mehrerer Warnzeichen macht einen PID noch wahrscheinlicher):

Säuglinge

  • Krankhafte Infektionsanfälligkeit
  • Korrekt eingesetzte antibiotische Therapie bleibt ohne heilenden Effekt
  • Gedeihstörung (mit oder ohne chronischem Durchfall)
  • Komplikationen nach einer Lebendimpfung (z.B. Rotaviren, Masern, Windpocken)
  • Auffällige Familienanamnese (z.B. Immundefekt, auffällige Infektionsanfälligkeit, unklare Todesfälle nach fieberhafter Erkrankung)
  • Laborwerte, z.B. verminderte Zahlen für Lymphozyten, Granulozyten oder Blutspiegel der Immunglobuline
  • Unklare Rötungen der Haut, besonders vor dem 2. Lebensmonat
  • Verspäteter Abfall der Nabelschnur

Kinder ab einem 1 Jahr

  • Krankhafte Infektionsanfälligkeit
  • Korrekt eingesetzte antibiotische Therapie bleibt ohne heilenden Effekt
  • Gedeihstörung (mit oder ohne chronischem Durchfall)
  • Komplikationen nach einer Lebendimpfung (z.B. Masern, Windpocken)
  • Auffällige Familienanamnese (z.B. Immundefekt, auffällige Infektionsanfälligkeit, unklare Todesfälle)
  • Laborwerte, z.B. verminderte Zahlen für Lymphozyten, Granulozyten oder Blutspiegel der Immunglobuline

Wenn sich der Verdacht auf ein PID ergibt, sollte die folgende Diagnostik erfolgen, ggf. nach Rücksprache mit einem Immundefekt-Zentrum:

Anamnese: Krankengeschichte

Erforderlich sind sowohl die FamilienAnamnese inklusive des Stammbaums wie auch die Eigenanamnese des Patienten. Darüber hinaus sollten eine Infektionsanamnese sowie die Anamnese der Erreger, die bisher diagnostiziert wurden, erfolgen.

Körperliche Untersuchungen

Eine gründliche Untersuchung sämtlicher Organsysteme ist notwendig.

  • lymphatisches System
  • Haut, Schleimhaut, Haare, Nägel
  • Skelettsystem und Zähne
  • Fehlbildungen
  • Atemwege
  • Magen-Darmtrakt
  • Nervensystem und Muskeln, geistiger Entwicklungsstand
  • Nieren und Harnwege
  • Stoffwechsel-System
  • Herz und Gefäße

Labordiagnostik

Blutuntersuchungen: Zahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten, Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten und deren Untergruppen (Differentialblutbild), Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten, Zahl der verschiedenen Immunglobuline (IgG, IgM, IgA, IgE), Messung der Impfantikörper gegen Tetanus und Pneumokokken. Bei akuten Infektionen Nachweis von Krankheitserregern (Bakterien, Mykobakterien, Viren, Pilze, Parasiten) und Untersuchung von Entzündungswerten C-reaktives Protein (CRP).